Essen. Erst in drei Jahren werden die nächsten 22 Fahrzeuge angeschafft. Die Verkehrsbetriebe wollen die Zeit nutzen, um den Markt genau zu beobachten und sich dann für das beste Modell zu entscheiden. Unklar ist derzeit noch, welche Technik sich in Zukunft durchsetzen wird.
Fünf Millionen Liter Diesel! Das sind rund fünf Millionen Euro, die die 186 Essener Linienbusse jedes Jahr verbrennen. Die Evag will den Dieselverbrauch ihrer Flotte deutlich senken. Der Umwelt zuliebe, aber vor allem auch, um die Betriebskosten zu senken. So suchen die Evag wie auch die Verkehrsunternehmen in der ganzen Republik nach dem „Bus der Zukunft.“
Ist es der mit dem Hybridmotor, der mit der Batterie oder mit der Brennstoffzelle? Oder gar der abgespeckte? Sozusagen die Light-Version – viel leichter, weil die Karosserie zum Teil aus Plastik und Schaumstoff besteht – und damit den Verbrauch drastisch verringert. Die zuständigen Herren, Torben Skuballa, Via-Leiter Fahrbetrieb Essen, und Jörg Walter, Chef der Evag-Buswerkstatt, beobachten den Markt sehr genau. Ein überzeugendes Zukunftsmodell haben sie bisher nicht gefunden „Da ist noch viel in Bewegung“, betont Skuballa. „Und wir können noch nicht sehen, was die nächsten fünf Jahre bringen.“
„Wir brauchen eine bessere Datengrundlage“
Deshalb trat der Vorstand bereits im Frühling auf die Bremse und rückte von geplanten Bestellungen ab. Erstmal werden keine neuen Fahrzeuge gekauft. Die Laufzeit der Evag-Busflotte wurde von zehn auf 14 Jahre verlängert. Also müssen erst 2017 die nächsten 22 Busse ausgetauscht werden. Bis dahin bleibt Zeit, die weitere Entwicklung abzuwarten und geliehene Busse zu testen. „Wir brauchen eine bessere Datengrundlage“, argumentiert Walter. Dass die jetzigen Busse länger im Linienverkehr eingesetzt werden, sorgt nicht gleich für schlechtere Luft. Alle Fahrzeuge haben heute schon die grüne Umweltplakette.
Teststrecke für neue Entwicklungen ist die Rundlinie 172, die vom Karlsplatz zum Karlsplatz führt. Zum Ärger mancher Fahrgäste, die den weiß lackierten Testbus nicht erkannten – und deshalb auch nicht einstiegen. Doch die Evag muss die jeweiligen Modelle nach drei bis sechs Wochen dem Hersteller zurückgeben. Und der will bestimmt nicht, dass seine Leihgabe vorher einen knallgelben Anstrich erhält.
Zwölf Evag-Fahrer wurden für die Testfahrten speziell geschult. Sie führen genau Buch, der Treibstoffverbrauch wird gemessen, jede Auffälligkeit in der Werkstatt notiert. Gerade Busse mit neuen Techniken haben so ihre Kinderkrankheiten.
In Düsseldorf wurden neue Leichtbau-Busse bestellt
Ein in Leichtbauweise erstellter Bus des niederländischen Herstellers VDL wird wieder auf den Heimweg geschickt. Die Prüfungen sind nach 3000 Kilometern abgeschlossen. Zwölf Liter/100km hat er weniger verbraucht als die Evag-Solobusse. „Wir waren selbst erstaunt“, gibt Skuballa zu. Aber während die Rheinbahn in Düsseldorf bereits 62 Leichtbau-Busse bestellt hat, lässt sich die Evag nicht so schnell begeistern. Schließlich verfügt der 3,5 Tonnen leichtere Bus nur über 80 statt 100 Plätze. Zudem sei der Vordereingang zu schmal, vor allem aber müssen die Fahrgäste eine Stufe zum Ein- und Aussteigen überwinden. „Unser Standard ist aber hundertprozentig niederflurig“, betont Jörg Walter. Und daran hält die Evag fest.
Jetzt ist ein Hybrid-Bus von Volvo an der Reihe. Angeblich bis zu 39 Prozent weniger CO2. Klingt gut. Mal sehen. Schon so manche vielversprechende Prognose der Hersteller hat sich in der Praxis in Luft aufgelöst.
Erst 2011 hatten die Essener einen Hybrid-Bus eines anderen Produzenten gekauft. Den konnten sie sich nur leisten, weil der VRR sich mit 585.000 Euro am Kaufpreis von 630.000 Euro beteiligte. Nach 185.000 Kilometern ist die Bilanz ernüchternd: 20 bis 25 Prozent weniger Sprit sollte der Bus verbrauchen. Am Ende waren es Null Prozent! Und im Winter lief die Heizung nicht richtig. Walter: „Wir mussten feststellen, dass die ausgewiesenen Ziele nicht zu erreichen sind.“
Technik für Elektrobusse noch nicht ausgereift
Also doch lieber ein Elektrobus? Die Düsseldorfer haben gerade zwei vom polnischen Hersteller Solaris gekauft. Ein Pilotprojekt. Der Stückpreis liegt bei 635.000 Euro. Die Ladegeräte kosten noch mal 130.000 Euro. Ein ganz schön hoher Preis. Für die Evag zu teuer. Zudem sieht sie die Technik für Elektrobusse nicht ausgereift. „Schon nach einem Umlauf muss der Bus an die Ladestation“, so Skuballa.“ Die Batterien sind zu groß - und die Preise noch zu hoch. Skuballa. „Da müsste es einen Quantensprung geben.“
Ob und für welche Antriebe sich die Evag entscheiden wird, ist derzeit unklar. „Wir können ja nicht in die Kristallkugel schauen“, sagt Werkstattsleiter Jörg Walter. „Ich glaube, dass es Alternativen gibt. Ich weiß nur nicht wann.“ Vom Dieselmotor werde man sich auf absehbarer Zeit nicht ganz verabschieden. Warum auch? Die neuen Modelle werden immer besser. Siehe Euro 6. Und dann wagt Jörg Walter doch einen Blick in die Kugel. „Ich bin optimistisch dass der Wasserstoff-Bus die Zukunft ist.“ Aber bis dahin ist er längst im Ruhestand.
Schon einmal hatte die Evag versucht, eigene Busse mit Brennstoffzellen zu erwerben und zu testen. Und zwar zur Wasserstoff-Messe 2010 in der Ruhr-Metropole. Aber daraus wurde nichts. Die Evag musste sich damals für die Beförderung der Messegäste Brennstoffzellen-Busse von der „Hamburger Hochbahn“ ausleihen. Die kamen mit dem Tieflader nach Essen.