Essen. . Anfang des Jahrtausends verpachtete die Stadt Essen im Rahmen eines Cross-Border-Leasing-Geschäftes unter anderem technische Anlagen der Evag an eine Versicherungsgesellschaft in den USA. Nun hat die Stadt die Option zum vorzeitigen Ausstieg gezogen. Der kostet 35 Millionen US-Dollar.
Anfang dieses Jahrtausends schien es, als hätten Finanz-Jongleure die lang ersehnte Gelddruckmaschine entdeckt. Auch die Stadt Essen ließ sich damals von der allgemeinen Euphorie anstecken, die landauf, landab in den Rathäusern ausgebrochen war. Längst ist die Begeisterung abgekühlt. Denn besagte Gelddruckmaschine hat ihre Tücken.
Die Rede ist vom so genannten Cross-Border-Leasing. Dieses komplizierte Vertragskonstrukt erlaubte es den Kommunen, Sachwerte an Investoren in den USA zu verpachten, und gleich wieder zurück zu mieten. So geschehen 2001 mit dem Evag-Schienennetz. Ein Jahr später folgte die Messe Essen nach dem gleichen Prinzip. Laufzeit: jeweils 100 Jahre. Nach deutschem Recht blieben Evag und Stadt Essen Eigentümer. Den Steuervorteil, den die US-Investoren in der Heimat geltend machten, teilten sich beide Seiten brüderlich. Rund 103 Millionen Euro konnten die Stadt und ihre Tochtergesellschaften Messe Essen und Evag dadurch auf der Habenseite verbuchen.
US-Behörden haben das Steuerschlupfloch 2004 geschlossen
Ein gutes Geschäft? Nicht aus Sicht der US-Justizbehörden. Die haben das Steuerschlupfloch 2004 geschlossen. Ob zu Recht, darüber wird jenseits des Atlantiks vor Gerichten gestritten. Im Rathaus achten sie deshalb mit Argusaugen darauf, nur keine Vertragsverletzung zu begehen. Denn das könnte teuer werden.
Auch deshalb lag es nah, dass die Stadt - wie dieser Tage geschehen - eine der Transaktionen vorzeitig rückabwickelt. Diese Möglichkeit sah der Vertrag ausdrücklich vor, als technische Einrichtungen der Evag wie Zugsicherung und Zuglenkung an eine US-Lebensversicherung verpachtet wurden. Die damals mit dem 65 Millionen US-Dollar schweren Deal vereinbarte Kaufoption hat die Stadt jetzt gezogen. Andernfalls, so heißt es im Rathaus, wären besagte technische Anlagen an den US-Trust gefallen, mit nicht absehbaren finanziellen und praktischen Folgen für die Evag. Die Kaufoption sei von Anfang an so vorgesehen gewesen.
35 Millionen US-Dollar sind nun zu zahlen. Das Geld hatten Stadt und Evag nach Inkrafttreten des Vertrages eigens für diesen Zweck angelegt. 2017 sind beide raus aus dem Geschäft. Ob die gleiche Rechnung auch hinsichtlich der 1,4 Milliarden Dollar schweren Transaktion über das Schienennetzes aufgeht, bleibt abzuwarten. Ein vorzeitiger Ausstieg aus diesem US-Geschäft wäre frühestens 2031 möglich.