Essen. Das Geburtshaus in Bochold ist die einzige Einrichtung dieser Art in der Region. Die vier Hebammen dort begleiten Mütter bei selbstbestimmten Entbindungen.
Wer das Geburtshaus am Wolfsbankring in Bochold betritt, wird von hunderten Babys und Kleinkindern begrüßt. Die lächeln auf den bunten Postkarten und sagen „Danke“, „Danke“ und nochmals „Danke“. Es ist eine große Wand, auf der Glück und Freude sichtbar werden.
Am Sonntag waren viele der Babys und Kleinkinder von den Postkarten in das Geburtshaus, dem einzigen in der Region, gekommen. Sie wurden alle hier geboren. Und Elli Conrads, Brigitte Kasperidus, Katja Stöhr und Charlotte Joußen, die vier Hebammen und Gesellschafter des Geburtshauses, haben mit ihren Händen dabei geholfen. 60 Kinder kommen pro Jahr in den Räumlichkeiten am Wolfsbankring zur Welt. Jede Woche wird ergo einmal Geburtstag gefeiert. Und einmal im Jahr feiert die Einrichtung, die vor 16 Jahren wenige Kilometer entfernt in Dellwig gegründet wurde, dann ihren Geburtstag.
Anfänglich gab es Vorurteile
Die Anfänge als Begleiter der selbstbestimmten Entbindung außerhalb eines Krankenhauses waren für die Gründerinnen nicht immer einfach. „Da wurde schon mal gedacht, wir würden mit Pendel, Horoskop und Räucherstäubchen arbeiten“, erinnert sich Elli Conrads, 51, die seit zwei Jahrzehnten als Hebamme tätig ist und selbst zwei Kinder hat. Sie musste Überzeugungsarbeit leisten, auch, weil die Wege vieler Mütter, getrieben durch Risikogedanken, automatisch in ein Krankenhaus führen.
Inzwischen hat sich das Geburtshaus mit seinen sieben Mitarbeiterinnen bei den Müttern längst etabliert. Die Leistungen sind anerkannt und werden von den Krankenkassen anstandslos übernommen. Die Hebammen im Haus bieten alle gängigen Begleitkurse vor und nach der Niederkunft an. „Ein Rund-um-Sorglos-Paket“, erklärt Andrea Allen, die die Geschäftsführung inne hat.
2013 über 4800 Geburten in Essen
Die Unterstützung bei den Geburten ist nicht nur am Wolfsbankring, sondern auch bei den Müttern zu Hause und in Kliniken möglich. Das Geburtshaus kooperiert, auch in Notfällen, mit dem Alfried-Krupp-Krankenhaus und der Uniklinik Essen sowie dem Evangelischen Krankenhaus Oberhausen. So kommen die Hebammen auf 150 Geburten im Jahr. Seit der Gründung 1998 sind es über 850.
Steigende Haftpflichtprämien haben zuletzt die Arbeit erschwert. „Einige Kolleginnen haben aufgegeben. Die anderen müssen immer genauer hinschauen und rechnen. Das macht unsere Arbeit nicht einfacher“, sagt Geschäftsführerin Andrea Allen, deren zweites Kind auch im Geburtshaus zur Welt kam.
Zumindest zeichnet sich bei der Geburtenentwicklung ein erfreulicher Trend ab: 2011 wurde ein historischer Tiefstand vermeldet, in dem Jahr brachten Essener Mütter nur noch 4603 Babys zur Welt. In den letzten Jahren sind wieder mehr Kinder gekommen. 2012 und 2013 wurde jeweils die Grenze von 4800 neuen Jung-Essenern geknackt. 5000 Neugeborene gab es zuletzt im Jahr 2000.