Essen. . Der Skandal um die Entsorgungsbetriebe Essen (EBE) findet offenbar so schnell kein Ende: Die EBE setzt bei der Aufarbeitung ihres hauseigenen Skandals auch auf private Ermittler. Sehr zum Ärger des Betriebsrats: Die Arbeitnehmervertreter drohen der Geschäftsführung nun rechtliche Schritte an.

Die durch den „EBE-Skandal“ um Günstlingswirtschaft und mutmaßliche Vorteilsnahme erschütterten Entsorgungsbetriebe Essen (EBE) kommen nicht zur Ruhe. Am Dienstag richtete der Betriebsrat ein Schreiben an die Geschäftsführung, das aufgrund der darin enthaltenen Vorwürfe als „Brandbrief“ bezeichnet werden kann. Zeitgleich wurde die Belegschaft durch Aushänge über Vorgänge, die - sollten sie sich als wahr erweisen - Fragen aufwerfen.

In dem Schreiben an den städtischen Interimsgeschäftsführer Jochen Sander und den vom privaten Miteigentümer Remondis gestellten Co-Geschäftsführer Georg Jungen beschwert sich die Arbeitnehmervertretung über Untersuchungen seitens eines „privaten Ermittlers“ im Unternehmen. Die Geschäftsführung wird ultimativ aufgefordert, dafür zu sorgen, dass diese Ermittlungen unverzüglich eingestellt werden. In dem Aushang an die Beschäftigten wird der Betriebsrat deutlicher: „Stopp der Spionage bei den Beschäftigten“ ist der Text überschrieben.

Mitarbeiter würden von privaten Ermittlern befragt werden

Im Gespräch mit der WAZ untermauerte der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende, Sadettin Adigüzel, die darin erhobenen Vorwürfe. Seit Wochen würden Mitarbeiter von einem privaten Ermittler befragt, von Computern sollen Daten gesichert worden sein. Der Betriebsrat stellt in Zweifel, dass ein derartiges Vorgehen durch geltendes Recht gedeckt sei.

Sollte sich ferner bewahrheiten, dass persönliche Daten über den IT-Dienstleister der städtischen Holding EVV abgefragt worden sind, stelle dies einen erheblichen Verstoß gegen Persönlichkeitsrechte der Betroffenen und gegen den Datenschutz dar. Rechtliche Schritte gegen die Geschäftsführung behält der Betriebsrat sich vor.

Interimsgeschäftsführer bestätigt interne Untersuchungen

Jochen Sander, von der Stadt bestellter Interimsgeschäftsführer, bestätigte im Gespräch mit der WAZ interne Untersuchungen. Die EBE bediene sich dafür eines in Compliance-Fragen bewanderten Unternehmens. Am Abend legte die EBE-Geschäftsführung in einer Pressemitteilung nach. Im Rahmen der beauftragten Prüfungen seien auch „forensische Datensicherungen an Arbeitsrechnern“ vorgenommen worden. Von Spionage könne keine Rede sein. Diesen Vorwurf weist die EBE „aufs Schärfste zurück“.

Laut Sander geht die Geschäftsführung verschiedenen Hinweisen nach, welche die Chefetage an der Pferdebahnstraße im Nachklang der EBE-Affäre erreicht hätten, auch von anonymer Seite. Nähere Details wollte Sander nicht nennen.

Nur zum Teil stünden die Untersuchungen in unmittelbarem Zusammenhang mit den Verfehlungen, die durch Recherchen des privaten Mitgesellschafters Remondis vor fast einem Jahr ans Licht gekommen sind, und die den langjährigen Geschäftsführer Klaus Kunze nötigten, seinen Stuhl zu räumen. Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen dazu dauern an. Sander zufolge will die Geschäftsführung mit Hilfe der aktuellen Untersuchungen sicherstellen, dass etwaige Schadensansprüche im Zuge der EBE-Affäre auch gestellt werden können. Bevor die dazu notwendigen Daten wie auch immer verschwinden könnten.