Essen. Kazim Çalisgan, diplomierte Sozialwissenschaftler, hat das Katakomben-Theater in Essen zum Haus für Experimentierlust und interkulturelle Begegnung gemacht. Kabarett, interkulturelles Theater und Jugendstücke gehören zum Programm. Im September feiert das Katakomben-Theater zehnjähriges Jubiläum.
Die Musik war schon immer Teil seines Lebens. Dass er mit dieser lebenslangen Liebe einmal ein eigenes Haus füllen könnte, war ein Glücksfall für Kazim Çalisgan. Und wie so oft kommt bei solchen schicksalhaften Begegnungen der Zufall ins Spiel. Çalisgan, der diplomierte Sozialwissenschaftler, Kulturmanager und Musiker, stand damals noch als Gast auf der Satiricon-Bühne, als das Rüttenscheider Theater vor der Schließung stand. Calisgan hat nicht lange gezaudert und sich mit seinem künstlerischen Konzept als Betreiber beworben. „Und dann hatten wir den Zuschlag“, strahlt der 50-Jährige immer noch dieselbe Begeisterung für sein Projekt aus, das er selbst als „Drehscheibe der Weltmusik“ bezeichnet mit seinen Reihen von „Fiesta de Salsa“ bis zum „Jazz for the People“. Aber auch Kabarett, interkulturelles Theater und Jugendstücke gehören zum Programm. Im September feiert das Katakomben-Theater zehnjähriges Jubiläum.
Wer diese Bühne besuchen will, muss ein paar Treppen hinuntersteigen, hinabtauchen in die Tiefen des Girardet-Zentrums, das eben nicht nur Gewerbe-Ort, sondern auch Begegnungsraum sein will. Das kleine, unterirdische Theater, findet Çalisgan, habe etwas Intimes, Geheimnisvolles. Etwas, das ihn an die Tekkes, die Versammlungs- und Austauschorte seiner Heimat erinnert. Sein alevitischer Großvater hat ihm die Musik in der Türkei damals nahe gebracht. Çalisgan hat aber auch gelernt, dass der Ton die Musik macht, nicht die Nationalität. Heute treten Künstler aus Russland, Polen, Afghanistan, Ghana und Brasilien im Katakomben-Theater auf, wo sich klassische indische Musik mit türkischem Pop und Folkwang-Jazz mischen. Internationalität unter Tage. Der neue Theater-Name hat trotzdem nicht allen gepasst. „Christliche Grabstätten in Türkenhand“, an solche Zeilen können sich Çalisgan und sein Mitstreiter Uri Bülbül gut erinnern. „Das hat schon ein bisschen eingeschüchtert.“
Rund 20.000 Euro institutionelle Förderung
Inzwischen sind die beiden selbstbewusster geworden, auch was die finanziellen Anliegen angeht. Man werde zwar mit an den Tisch gebeten, dürfe aber nicht wirklich vom Honigtopf naschen, findet Bülbül. Mit den 20.000 Euro institutioneller Förderung, die neben weiteren Projektmitteln in die Kasse fließen, teilt man sich zwar den finanziellen Engpass vieler Essener Kulturanbieter.
Doch für die Umsetzung ihrer interkulturellen Pläne denken die beiden inzwischen in größeren Dimensionen, suchen und finden neue Kooperationspartner wie das Grillo-Theater oder das Zentrum für Türkeistudien. „Wir würden auch gerne einen Veranstaltungskaufmann ausbilden“, sagt Çalisgan, der trotzdem nicht böse ist, wenn ihn der Paketbote wie unlängst fragt, ob er hier der Hausmeister sei. Irgendwie muss man in so einem Haus ja das Mädchen für alles sein – Intendant, Organisator, Künstler. Mit dem „Transaesthetics Trio“ bricht der Chef montags in neue musikalische Gefilde auf - das Unvorhergesehene bleibt für ihn Programm.
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