Essen. 2228 Taschendiebstähle wurden der Polizei im vergangenen Jahr bekannt. Das ist ein Plus um 17,5 Prozent und offenbar ausreichend, um die Stadt zu einer Hochburg des Taschendiebstahls erklären zu können

Die ahnungslosen Opfer finden sich meist in der belebten Innenstadt, im Gedränge des Hauptbahnhofs, in der U-Bahn oder auf Veranstaltungen mit jede Menge Publikum: Jeden Tag melden sich rein rechnerisch sechs Diebstahl-Geschädigte bei der Polizei, denen die Geldbörse samt Geldkarte und oft auch Personalpapieren gemopst wurde.

2228 Taschendiebstähle registrierte die Behörde an der Büscher-straße allein im vergangenen Jahr. Das sind über 300 Delikte mehr als im Jahr zuvor. Die Aufklärungsquote ist nach wie erschreckend niedrig: Auch wenn sie um knapp 0,5 Prozentpunkte stieg, wurden noch nicht einmal drei Prozent aller Straftaten aufgeklärt. Im Bundesdurchschnitt waren es immerhin 6,5 Prozent.

Deutlich über dem Durchschnittswert

Diese Statistik reicht offenbar aus, um Essen zu einem Eldorado für Langfinger zu erklären, wie aus der Untersuchung „Taschendiebstähle in Deutschland“ des Reisebuchungsportals „ab-in-den-urlaub.de“ hervorgeht. Beim Vergleich der polizeilichen Kriminalitäts-Bilanzen landet Essen in der 115-Städte-Studie auf dem 14. Platz. Auf 100.000 Einwohner kamen demnach 393 Taschendiebstähle. Zum Vergleich: In Düsseldorf, das die rote Laterne trägt, waren es 1398, in Köln 1096, in Dortmund 672 und nur 39 im thüringischen Suhl, das als besonders sicher gilt. Insgesamt liegt Essen damit deutliche 67 Prozent über dem Durchschnittswert aller in der Analyse unter die Lupe genommenen Städte und gilt den Studienmachern folglich als Diebstahlhochburg.

Für Polizeisprecher Peter Elke gibt’s dafür Erklärungen: Gerade die Großstädte in den Ballungsräumen seien das ideale Betätigungsfeld für Taschendiebe. Neben einem großen Angebot an potenziellen Opfern nutzen die organisierten Täter die gute Verkehrsinfrastruktur und die nahen Autobahnen für ihre Flucht oder die Anreise in andere Städte, wenn ihnen das Pflaster an ihren jüngsten Tatorten zu heiß wird. Dass die Kriminellen selten allein arbeiten, bestätigt auch die Studie. Meist sind Teams unterwegs, bei dem jeder Ganove seine spezielle Aufgabe hat: Ausspähen, Kontaktaufnahme und Klauen. Mit Gesten wird das nächste Opfer auserkoren und angegangen.

Familienbanden im Fokus

Besonders Familienbanden stehen im Fokus der Behörden, sagt die Studie. Sehr häufig seien es Familienclans aus Südosteuropa, Nordafrika oder Südamerika, die auf Beutezug gehen, straff organisiert sind und von ihren Heimatländern aus gesteuert werden. Bei den Dieben handele es sich nicht primär um so genannte „Armutsflüchtlinge“. Besonders beliebt sei bei den Banden der Einsatz von minderjährigen Mädchen oder Jungen, die früh gelernt haben, wie verhältnismäßig leicht man sich Smartphones aneignen oder an Bares kommen kann. Jeder dritte ermittelte Tatverdächtigen ist höchstens 18 Jahre alt.