Essen. . Silvio K. ruft Muslime zum bewaffneten Kampf für ein Großkalifat in Syrien und im Irak auf. Der 27-jährige Salafist gilt seit Jahren als extrem gefährlich. Er bedrohte schon Kanzlerin Angela Merkel. Dennoch konnte er sich unbemerkt aus Deutschland absetzen. Jetzt sind Sicherheitskreise alarmiert.
Aus der Essener Islamisten-Szene auf die Weltbühne des Terrors: Silvio K. ist nach Recherchen unserer Redaktion das deutsche Gesicht der Terrorgruppe Isis. Der 27-jährige Salafist ruft Muslime zum bewaffneten Kampf für ein Großkalifat in Syrien und im Irak auf.
Seine Propaganda läuft über Twitter und über andere Kanäle im Internet. Die Botschaften finden zehntausendfache Resonanz. Sicherheitskreise sind besorgt, Ermittler warnen: K. sei der Typ des Dschihadisten, dessen mögliche Heimkehr Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) „eine konkrete tödliche Gefahr“ nennt.
Hetze in HD-Qualität
„Mujatweets“ heißt das neue Format von Terror-Durchsagen aus dem Isis-Kampfgebiet, das K. weltweit in den Mittelpunkt rücken lässt. Aufwändige Technik liefert Hetze in HD-Qualität: gestochen scharfe Bilder, messerscharfe Parolen.
„Frohe Botschaft: die Rückkehr der Scharia“, verkündet Silvio K. in einem Video. Dann fordert er neue Gotteskrieger an, die sich für den selbsternannten Kalifen in die Schlacht werfen sollen: „Unterstütze al-Baghdadi und all seine Soldaten“.
20.000 Aufrufe: „Der ist jetzt ein Star“
Das Video läuft auf diversen Dschihadisten-Kanälen. Es wurde binnen weniger Wochen an die 20.000 Mal aufgerufen. Damit erreiche K. „das ganze Umfeld der Dschihadisten in Deutschland“, sagt Terrorexperte Guido Steinberg. „5000 bis 10.000 Salafisten sind sein Auditorium. Der ist jetzt ein Star.“
Im Ruhrgebiet sieht Steinberg „ein Riesen-Rekrutierungspotenzial“. Von rund 320 Islamisten, die laut Verfassungsschutz aus Deutschland nach Syrien in den Krieg zogen, kamen 120 aus Nordrhein-Westfalen. Aus Berlin waren es rund 50.
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Terror-Karriere vor den Augen der Polizei
Nach unseren Recherchen lief die Terror-Karriere des gebürtigen Sachsen vor den Augen der Polizei ab. Sie begann in Essen. Silvio K. zählte zu den ersten Anhängern des 2012 verbotenen Salafisten-Vereins Millatu Ibrahim. Durch seine Nähe zum Frankfurter Flughafen-Attentäter Arid Uka, der wegen Doppelmordes lebenslang in Haft sitzt, fiel er auf.
Als K. mit einem Attentat auf Bundeskanzlerin Angela Merkel drohte, eine Todeshymne ins Netz stellte und sich von seiner Stamm-Moschee lossagte, befürchteten Ermittler einen bevorstehenden Anschlag. Doch die Warnung, dass K. „extrem gefahrenträchtig“ sei, prallte beim LKA ab. Unbemerkt setzte sich der Salafist aus Deutschland ab.
Dschihadist Cuspert schoss sich quasi selbst ab
Silvio K. gilt als enger Freund des Berliner Dschihadisten Denis Cuspert. Beide schworen den Treueeid auf Isis-Chef Abu Bakr al-Baghdadi, beide werden mit internationalem Haftbefehl gesucht. Lange war Cuspert Wortführer der deutschen Salafisten. Doch er erwies sich als naiv: Nach Informationen unserer Redaktion schob der Dschihadist nachts Wache auf einem Dach in Syrien. Als er ein Flugzeug hörte, schoss er wahllos in die Luft. Der Pilot sah Mündungsfeuer und schoss zurück – mit Raketen. Das Gebäude stürzte ein. Cuspert wurde schwer verletzt.