Sauerländer Schiefer und Dachdecker für den Essener Dom
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Essen. Das Querhaus des Essener Doms wird dieser Tage neu mit Schiefer aus dem Sauerland eingedeckt. Auf der Baustelle in der Essener Innenstadt in etwa 20 Metern Höhe kommt Dombaumeister Ralf Meyers aus Schmallenberg ins Schwärmen über das aufwendige und kunstvolle Verfahren.
Ralf Meyers trägt den schönen Titel Dombaumeister, was a) mehr nach Berufung als nach Beruf klingt und b) nach einer Aufgabe, die nie abgeschlossen sein wird. Da muss man nicht mal in Kölner Dimensionen denken, auch Essens Dom blickt auf eine gut 1100-jährige Geschichte mit verschiedenen Brand-Unglücken und Wiederaufbauten zurück. Und als die Münsterkirche 1958 mit Gründung des Bistums Essen zum Dom erhoben wurde, waren gerade erst die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs beseitigt.
Mit den Kriegsfolgen kämpft Ralf Meyers bis heute. Darum steht er an diesem sonnigen Morgen in fast 20 Metern Höhe auf dem Baugerüst, das derzeit das Querhaus des Domes ummantelt. Das Dach wird neu gedeckt. „Der Fredeburger Schiefer, den die Alliierte Verwaltung Ende der 1940er, Anfang der 50er Jahre zuteilte, war von so schlechter Qualität, dass er schon nach 65 Jahren mürbe ist.“
Dachdecker und Schiefer kommen aus dem Sauerland
Dabei ist Meyers ein Fan des Fredeburger Schiefers. Der 50-Jährige kann leidenschaftlich von der „changierenden Graufärbung“ sprechen und von der „ausgeprägten Oberflächenstruktur“, die so viel schöner sei als der glatte rheinische Schiefer. Nur die Qualität muss stimmen – und die Verarbeitung. Um das zu gewährleisten, kommen die Dachdecker genau wie der Schiefer aus dem Sauerland, aus Schmallenberg. Acht, neun Wochen werden sie brauchen, um die 800 Quadratmeter neu einzudecken.
Jede Schindel wird hier oben einzeln in Form geschlagen. In der Nähe der Traufe wird mit den größten Platten begonnen, bis zum First in 21 Metern Höhe verjüngen sich die Schindeln – so dass das Dach optisch mehr Höhe gewinnt. „Die altdeutsche Schieferdeckung ist die Königsdisziplin der Dachdeckung“, sagt Ralf Meyers. Für das Dach inklusive Fallrohren, Rinnen, Schneefanggitter zahlt das Bistum 210.000 Euro. „Wir decken Rathäuser, Kirchen oder Wasserschlösser – nur die öffentliche Hand leistet sich das“, so Dachdeckermeister Martin Mock.
Essener Dom früher und heute
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Nach dem Krieg wurde dem Dom neue Sachlichkeit verordnet
Dafür soll das Dach des Domes nun so original wie möglich aussehen. Anders als nach dem Krieg, da man nicht nur mit Material minderer Güte arbeitete, sondern dem Dom auch neue Sachlichkeit verordnete: Der Vierungsturm musste ohne neugotischen Zierrat auskommen, Gauben verschwanden und das Dach des Langhauses verlor seine steile Neigung. Darum konnte es nicht mehr mit dem Schiefer gedeckt werden, den Jahrhunderte lang die ganze Kirche getragen hatte. Das nun flachere Dach wurde mit Kupfer bedeckt, dessen schimmerndes Grün für die Essener aber längst der vertraute Anblick des Domes ist. Schiefer-Freund Meyers: „Das durchpatinierte Kupferblech ist auch sehr markant.“
Es wird also beim grün-grauen Zweiklang bleiben, wenn das Dach des Langschiffes erneuert werden muss. „Lange gebe ich dem nicht mehr, das Blech ist dünn und droht, löchrig zu werden“, sagt Meyers. Nachkriegsware eben – sonst halte ein Kupferdach bis zu 100 Jahren.
„Wir wollen den Zustand bewahren und uns nicht mehr mit jeder Restaurierung neu ausdrücken“, so Meyers. Kostspielig ist auch dieser konservatorische Ansatz, der Veränderungen behutsam vornimmt. Erhebliche Mittel trägt stets der überkonfessionelle Münsterbauverein bei, der 1947 gegründet wurde, um die in Trümmern liegende Kirche wieder aufzubauen – auf Anregung des kommunistischen Oberbürgermeisters Heinz Renner.
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