Essen. Zur wechselnden Gestaltung des Burgplatzes in Essen gehen die Meinungen auseinander, klar ist aber: Hier ist historischer Boden und man spürt es. Die Architektur drum herum - Baedekerhaus, Lichtburg mit der modernen Glaswand der Volkshochschule und der Dom mit Bischofshaus - hat Charakter. Immerhin.

Plätze in der Essener Innenstadt waren stets Glückssache. Manche sind gelungen, andere nicht, und letztlich lebt ihre Wirkung sowieso überwiegend von den Bauten, die sie umgeben. So gesehen ist der Burgplatz vielleicht der schönste, weil er von drei Seiten Halt bekommt durch Architektur, die zumindest in Fachkreisen über jeden Zweifel erhaben ist. Das Baedekerhaus, die Lichtburg mit der modernen Glaswand der Volkshochschule und natürlich der ehrwürdige Dom mit dem Bischofshaus - mehr kann ein Platz nicht erwarten.

Eine Freifläche ist der Burgplatz schon sehr lange, vom frühen Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert war hier der Friedhof der Stiftskirche, also des heutigen Doms. Vor einigen Jahren erst fanden Archäologen ein christliches Gräberfeld, dessen ältester Teil ins sechste Jahrhundert reicht, woraus geschlossen wurde, dass Essen als Siedlungsraum noch viel älter ist als lange bekannt.

Der Burgplatz heißt übrigens so, weil die Namensgeber im späten 19. Jahrhundert hier neben den Sakralbauten auch eine fränkische Burg vermuteten, die sich allerdings bis heute nicht nachweisen ließ.

Essen fast im Alleingang auf Großstadt getrimmt

Der Name ist geblieben, die Moden der Platzgestaltung aber wechselten häufig. Baudirektor Ernst Bode, der Essen in den 1920er Jahren fast im Alleingang auf Großstadt trimmte, räumte den zuvor deutlich kleinteiligeren und grüneren Burgplatz leer, stellte das vorher zentrale Kaiser-Denkmal an die Seite, schuf eine monumentale Treppenanlage zur Kettwiger Straße und die Großbauten drumherum mit der Terrasse am Lichtburghaus als eine Art Bühne.

Der so völlig veränderte Burgplatz war ideal für die Aufmärsche der NS-Zeit und die politischen Kundgebungen dann auch der Demokratie, später wurde er sogar mal Parkplatz, um schließlich beim Umbau in den frühen 1980ern vollgestellt zu werden mit riesigen Planzenkübeln aus Beton. Der letzte Umbau - es kommt eben vieles wieder - nahm dann erneut Anleihen am Geschmack der 1920er Jahre.

Nicht alle Bürger sind von der Aufenthaltsqualität überzeugt

Auch interessant

Und die Essener? So richtig glücklich sind viele nicht mit dieser meist sehr leeren, sehr luftigen Keimzelle der Stadt. Am Rand des Platzes und auf der Lichtburg-Terrasse gibt es zwar Gastro-Tische, die Terrasse ist immer noch ein Schaustück, aber der Platz selbst bietet nicht das, was die meisten Bürger unter Aufenthaltsqualität verstehen: vor allem fast kein Grün. Die meisten sehen halt zu, dass sie ihn rasch überqueren. Aber, und das könnte entschädigen: Hier ist wirklich Stadtgeschichte zu spüren. Und wenn vor Weihnachten das große Riesenrad kommt, kann man sie sogar von oben betrachten.

Alle Folgen der WAZ-Serie "Essen entdecken - 100 besondere Orte" finden Sie auf unserer Spezialseite zur Serie.