Essen. . Sie sind ein deutsch-argentinisches Paar: Mareike Fliß und Martín Bazán blicken gespannt auf das WM-Endspiel in Rio de Janeiro. Die beiden Studenten sind seit fünf Jahren zusammen. Am Sonntag ruht die Beziehung für rund 90 Minuten: „Sonst streiten wir uns nur und das würde gar nicht gut enden.“

Mareike Fliß und Martín Bazán sind eigentlich unzertrennlich. Doch am Sonntag geht das junge Paar kurzzeitig getrennte Wege. „Wir werden das WM-Finale auf keinen Fall zusammen gucken“, betont die 21-Jährige. „Sonst streiten wir uns nur und das würde gar nicht gut enden.“ Während Mareike Fliß natürlich auf einen Sieg der deutschen Nationalelf hofft, drückt ihr Freund seinen argentinischen Landsmännern fest die Daumen. Denn auch wenn er die Deutschen und die deutsche Lebensart inzwischen lieb gewonnen hat – beim Thema Fußball bleibt er doch Patriot.

Im Gegensatz zu seiner Freundin schwärmt Martín Bazán auch ganzjährig für Fußball und nimmst selbst weite Reisen auf sich, nur um zu sehen, wie etwa Fußball-Star Lionel Messi in Köln aus dem Bus aussteigt. Seine Freundin Mareike interessiert sich dagegen „eher nur für Länderspiele“ – während der Fußball-WM dafür aber mit vollem Einsatz. Die junge Studentin hat sich bereits einen Tag vor dem entscheidenden Spiel ihr Fan-Outfit übergestreift und gibt sich siegesgewiss. „Ich tippe auf 3:1“, sagt sie strahlend.

Neuer und Müller sprachen in Südafrika schlecht über Argentinien

„Länderspiele sind für mich irgendwie emotionaler. Beim Ligafußball treten doch so gut wie nie die Jungs aus einer, gegen die Jungs aus der anderen Stadt an, sondern eingekaufte und bunt gemischte Profis. Mit der DFB-Elf kann ich mich mehr identifizieren. Es ist echter“, meint Mareike Fliß.

Auch Martín Bazán hat sich das Trikot seiner Mannschaft angezogen. Für die deutsche Auswahl hat er zumindest gewisse Sympathien. Allerdings: Wenn Manuel Neuer und Thomas Müller mit von der Partie sind, sollen lieber die anderen gewinnen. „In Deutschland mögen die Spieler sehr beliebt sein, aber in Argentinien sieht man sie kritisch, da sie sich während der WM in Südafrika etwas abfällig über unser Land geäußert haben“, berichtet der 22-Jährige teilweise auf Spanisch – seine Freundin hilft beim Übersetzen.

Die zwei Verliebten sind seit fünf Jahren ein Paar und haben schon so manchen Schwierigkeiten getrotzt. Nur während der Sommerferien können sie sich sehen, denn Martín Bazán lebt im argentinischen Córdoba und studiert dort Personalmanagement. Um die Flugtickets nach Deutschland bezahlen zu können, jobbt er an fünf Tagen in der Woche im Call-Center einer Bank.

Geplant war eigentlich Costa Rica 

Kennengelernt haben sich die beiden während des Auslandsjahrs von Mareike Fliß. Gleich zu Anfang des Interviews gibt sie zu: „Argentinien war eigentlich ein Unfall. Geplant war Costa Rica.“ Die beiden Jugendlichen sehen sich 2009 zum ersten Mal. Ihre Schulen liegen im gleichen Viertel. „Ich konnte damals kaum ein Wort Spanisch“ berichtet Mareike Fliß, die mittlerweile im zweiten Semester Spanisch und Philosophie studiert.

Auch ihr Freund hat sich eine neue Kultur angeeignet, mehrere Deutsch-Kurse am Goethe-Institut besucht und schließlich ein Freiwilliges Soziales Jahr an einer Essener Förderschule absolviert. „Anfangs hatte ich einen Kulturschock. Die Menschen sind etwas verschlossener als in Argentinien.“, urteilt er. In der Beziehung der beiden scheint es genau umgekehrt zu sein: Während Mareike erzählt und lächelt, scheint Martín zu grübeln – vielleicht über das WM-Finale?

Auch im Urlaub dreht sich alles um Fußball

Tatsächlich hat Martín Bazán „ein bisschen Angst vor den deutschen Spielern.“ Der Auftritt im Halbfinale hat ihn nachdenklich gemacht, die Mannschaft war stark. So richtig sicher sei er sich daher nicht, erklärt er etwas zögernd, „aber wir schlagen Deutschland in Rio knapp mit 1:0. Ich muss das einfach sagen.“

Auch wenn Mareike Fliß ihren Freund in Argentinien besucht, dreht sich schnell alles ums runde Leder. Beim letzten Urlaub ging es mit dem Bus sogar ins Stadion nach Porto Alegre – also an den Ort, an dem die DFB-Elf gegen Algerien kämpfte. 25 Stunden dauerte die Fahrt, aber für die beiden hat es sich gelohnt. „Martín fieber immer mit. Wenn sein Verein spielt, kann er total ausrasten. Bei mir kann er das auch und bei seinen Freunden und seiner Familie“, berichtet sie. In ein paar Wochen wird das Paar wieder in getrennten Welten leben müssen, sie in Deutschland, er in Argentinien. Dank moderner Technik können sie miteinander chatten. Hin und wieder geht es auch dann um Fußball. „Wenn man nicht gerade im Land des Partners ist, hört man ganz besonders hin, wenn in den Nachrichten mal etwas über Argentinien zu hören ist“, sagt Mareike Fliß. Da die deutschen Bundesligaklubs häufiger im Gespräch sind, wird Martín Bazán von seinen Freunden bereits „der Deutsche“ genannt. So gesehen, kann er sich am Sonntag als Gewinner fühlen – egal wie das Spiel tatsächlich ausgeht.