Essen. . Seit mehr als 37 Jahren arbeitet Wilfried Hollmann beim Pharma-Großhändler Noweda und ist seit 2005 dessen Vorstandsvorsitzender. Er will noch bis zum Rentenalter weiter machen. Schon nach der Schule in Oldenburg wollte er hoch hinaus, allerdings im Kampfflieger. Ein Porträt.
Am Samstag wird bei der Apotheker-Genossenschaft Noweda groß in der Philharmonie gefeiert. Vor 75 Jahren wurde das Unternehmen gegründet. Ein persönliches Jubiläum hat der Vorstandsvorsitzende Wilfried Hollmann erst sieben Tage später am 14. Juni. Dann ist der 64-Jährige die halbe Noweda-Zeit mit an Bord – seit über 37 Jahren.
Vielleicht, sagt er, gilt es heute als unmodern, wenn man in dem Unternehmen in den Ruhestand geht, bei dem man beruflich angefangen hat. Aber Wilfried Hollmann weiß, was ihn all die Jahre in Essen gehalten hat: „Noweda ist ein Unternehmen, indem ich mich Zuhause fühle. Meine Frau würde sagen, dass ich mit Noweda verheiratet bin. Und es ist wirklich so etwas wie eine Ehe.“
"Ich habe mich sogar für das finanziell schlechteste Angebot entschieden"
Damals nach dem BWL-Studium 1976 in Münster standen dem jungen Diplom-Kaufmann mehrere Wege offen: bei der Bremer Vulkan Werft, der Unternehmensberatung Price Waterhouse Coopers oder eben bei Noweda. „Ich habe mich sogar für das finanziell schlechteste Angebot entschieden.“ Aber Hollmann wollte in ein mittelständisches Unternehmen. Er versprach sich davon, dass er dort viel bewegen könne.
Noweda
Seinen ersten Arbeitstag bei Noweda hatte Hollmann in der Niederlassung Münster. Später baute er die Filiale in Bielefeld/Herford auf, anschließend in Leipzig. Für ihn eröffneten sich immer neue Perspektiven, bis man ihm 2005 schließlich den Vorstandsvorsitz anbot.
Frühmorgens schon im Büro
Die Apotheker-Genossenschaft wuchs in den Jahren rasant. Als Hollmann einstieg, machte sie 124 Millionen Euro Umsatz und zählte rund 1000 Mitglieder. Heute sind ihr über 8600 Apotheker angeschlossen, sie betreibt 16 Niederlassungen und hat mehrere Beteiligungen im Ausland. Mit 4,6 Milliarden Euro Jahresumsatz ist Noweda Deutschlands zweitgrößter Pharma-Großhändler.
Die Arbeit fordert Hollmann sieben Tage die Woche. Montag bis Freitag pendelt der 64-Jährige täglich von Münster nach Essen, ist morgens kurz nach halb acht im Büro und abends selten vor 20 oder 21 Uhr zu Hause. „Wenn man Erfolg haben will, kann man nicht um 17 Uhr Schluss machen. Auch am Abend oder am Wochenende legt man die Gedanken rund ums Unternehmen nie ganz ab.“
Dass Hollmann nicht in Essen wohnt sondern in Münster und jeden Tag über zwei Stunden auf der Autobahn verbringt, hat familiäre Gründe. In Münster wuchsen seine beiden Kinder aus erster Ehe auf.
Liebe zur Nordsee
[kein Linktext vorhanden]Aber dort ist er auch seiner niedersächsischen Heimat etwas näher – vielleicht auch mental. Der Sohn eines Landwirtes wurde im August 1949 in der Nähe von Oldenburg geboren und ging später dort zur Schule. Seine große Liebe zur nahen Nordsee hat er bis heute behalten.
Schon nach dem Abitur zog es ihn zur See. Der groß gewachsene Niedersachse wollte eine Karriere bei der Marine beginnen und Kampfpilot werden. Wegen gesundheitlicher Probleme damals musste er diese Pläne beerdigen. Im Grunde ist Hollmann eine Art Soldat geblieben – im ständigen Einsatz für die Interessen der Apotheker. Seit 2007 ist er auch Präsident des Mittelstandverbundes – ein Zusammenschluss genossenschaftlich organisierter Unternehmen. Eine politisch einflussreiche Position.
Wie lange Hollmann noch am Steuer der Noweda sitzen wird, legt die Satzung fest. Mit 67, spätestens bis Vollendung des 68. Lebensjahres ist Schluss. „Ich kann mir vorstellen, so lange zu bleiben, wenn es die Gesundheit zulässt.“ Wenn Zeit bleibt, dann reist Hollmann gern, ob an die Nordsee auf Norderney oder auch in die Ferne. Vergangenes Jahr ging es im Urlaub in die Mongolei, nächstes Jahr will er mit seiner Frau zur Rundreise in die Karibik aufbrechen. „Ich hab mal gesagt, ich will 100 Länder kennenlernen.“ Wie viele er schon geschafft hat? „Ich weiß es gar nicht genau. 50 oder 60.“