Essen. . Fahndung auf Fahrrädern: Am Mittwoch durchsuchten Polizisten auf Fahrrädern Grünstreifen im Essener Norden nach dem Häftling (27), der am Tag zuvor bei einem Besuch seiner Mutter zwei Justizvollzugsbeamten entwischt war.
Man wundert sich, wie viele Menschen bei diesem Wetter in ihrem Kleingarten hocken und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen. 13 Grad, fieser Niesel, wir sind beim Gartenbauverein Karnap e.V., und selbst das satte Grün hier macht diesen Tag nicht mehr schön. Am Eingang der Anlage, die mitten im Emscherpark liegt, nördlich der Schurenbachhalde, steht selbstredend eine kohlenschwarze Lore.
Zu dritt hat sich ein Trupp der Polizei vom Präsidium aus mit dem Rad aufgemacht, um den flüchtigen Häftling (27) zu finden, der am Dienstag bei einem Besuch seiner Mutter in Karnap abtauchen konnte. „Das ist natürlich die Suche nach der Nadel im Heuhaufen“, sagt ein Polizeioberkommissar, der das radelnde Trio am Mittwoch anführt. Sein Kollege fragt gleich einen Kleingärtner, der gerade seine Laube aufräumt: „Guten Tag, wir sind von der Polizei. Wir suchen nach einem flüchtigen Häftling. Ist Ihnen etwas aufgefallen?“ – „Nee“, sagt der Kleingärtner, und endlich hat er eine schlüssige Erklärung dafür, warum gestern, als der Häftling ausbrach, so ein großes Polizeiaufgebot plötzlich durch den Stadtteil fuhr.
Hebelspuren am Toilettenhäuschen
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Die drei Polizisten radeln an sauber geschnittenen Hecken entlang, an stoppelkurz gemähtem Rasen, an Geranien, die knallrot die Lauben verzieren. Die Beamten halten an einem Toilettenhäuschen, sprechen plötzlich von „Hebelspuren“, werden misstrauisch. Stimmt, wenn man genau hinschaut, dann sieht man: Unter den Türklinken der Klotüren ist ein wenig Farbe abgeblättert. Der Oberkommissar schreitet entschlossen aufs Klohäuschen zu, „vielleicht hat er sich ja hier versteckt“, drückt eine Klinke, dann die nächste – doch die Toilettentüren sind verschlossen.
Warum sucht die Polizei den Häftling eigentlich in einem Kleingarten? „Lauben bieten häufig Unterschlupf für Flüchtige“, sagen die Polizisten. „Der wird jetzt wohl kaum auf einer Parkbank sitzen.“ Ob er sich wohl selbst von seinen Handschellen befreien konnte? „Darüber kann man nur spekulieren.“ Die radelnden Beamten sprechen weitere Gärtner an, doch keiner hier hat einen Verdächtigen gesehen. Sie radeln weiter, aus der Anlage hinaus, durch den Emscherpark, auf einer Wiese schauen Kaninchen neugierig zu den Polizisten herüber. Der Regen wird kräftiger, durchbricht die Stille. Hinweise hat hier niemand. Bald radeln die Polizisten zurück ins Präsidium.