Essen. Die “Allianz der Essener Demokraten“ (AED) will Migranten im Essener Stadtrat eine Stimme geben. Ist die Kandidatur Ausdruck einer gescheiterten Integration?

Ein Ziel haben sie schon erreicht: Seit die „Allianz der Essener Demokraten“ (AED) ihre Kandidatur für die Kommunalwahl am kommenden Sonntag angemeldet hat, darf sich die Migranten-Liste einer wachsenden Aufmerksamkeit sicher sein. Das gilt allen voran für die politische Klasse. Manch einer der im Rat vertretenen Parteien sieht in der AED gar den Beleg dafür, dass da etwas schief läuft in dieser Stadt in Sachen Integration.

Liefe alles glatt, die AED würde wohl gar nicht antreten. So hält es Sprecher Azzadine Karioh sinngemäß jenen entgegen, welche die Kandidatur als Ausdruck von Segregation bewerten oder die - wie Udo Bayer vom Essener Bürgerbündnis (EBB), noch weiter gehen: Für den EBB-Fraktionschef ist die Wählergemeinschaft „der verlängerte Arm“ des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan und dessen AKP.

Nur türkisch auf Wahlveranstaltungen

Starker Tobak. Azzadine Karioh weist so was als böse Unterstellung zurück. Nicht nur weil, die AED ein Bündnis aus Migranten verschiedener Herkunftsländer sei. Karioh, 35, Rechtsanwalt, hat marokkanische Wurzeln. Sein Großvater kam 1961 nach Essen, arbeitete im Bergbau. Nein, die AED sei eben keine Wählergemeinschaft türkischstämmiger Migranten, auch wenn diese - wie in der Community - die Mehrheit stellen.

Dass die AED zuweilen anders wahrgenommen wird, mag daran liegen, dass auf Wahlveranstaltungen wie dieser Tage in Kray ausschließlich Türkisch gesprochen wird und auf Platz 1 der Liste Muhammet Balaban steht, der langjährige Vorsitzende der „Allianz der Essener Türken“. Als solcher stand Balaban über Jahre dem Ausländerbeirat vor, bis er 2011 aus dem Amt gedrängt wurde, auch von seinen Parteifreunden von der SPD, der Balaban 27 Jahre zugehörte. Auch die hielten ihm vor, er habe sich nicht von einem Treffen türkischer Rechtsextremisten in der Grugahalle distanziert.

Interesse bei potenziellen Wählern

Alte Kammellen würde Balaban vielleicht dazu sagen. Wenn er denn reden würde, doch auf die WAZ ist der AED-Spitzenkandidat nicht gut zu sprechen. Der Anlass: Ein Bericht über einen AED-Kandidaten aus Karnap, der auf der Liste steht, aber nicht mehr antritt. „Aus rein persönlichen Gründen“, wie Balaban betont. Wegen seiner Kandidatur für die AED hat die SPD ihn vor die Tür gesetzt. Das Sprechen überlässt er der Nummer 2, Azzadine Karioh.Demokratie

Gemeinsames Ziel sei es, Migranten dazu zu bewegen, überhaupt zur Wahl zu gehen. Sollte dies gelingen, wäre allein das ein Beitrag zur Integration. Karioh sieht hier ein Versäumnis der etablierten Parteien. Migranten seien allenfalls „Alibi-Kandidaten“. Themen, die Menschen mit Migrationshintergrund angehen, spielten nur untergeordnete Rollen. „Unser Ziel haben wir erreicht“, sagt Karioh und spielt auf das Interesse an, dass die AED bei potenziellen Wählern geweckt habe. Sollte das Bündnis in den Rat einziehen, will es Themen ansprechen, die zu kurz gekommen seien: die interkulturelle Erziehung in Kindergärten zum Beispiel, die Schulung von Lehrkräften oder die weitere Öffnung der Verwaltung für Migranten. Erst wenn auch die Etablierten sich solcher Themen annehmen, wäre die AED tatsächlich überflüssig. Kommunalwahlen 2014