Essen. . Neues Netzwerk dient als Ansprechpartner für Ärzte in Essen und in der Region, die bei einzelnen Patienten nicht weiterwissen. Seltene Erkrankungen stellen alle Beteiligten vor besondere Herausforderungen. Direkt nach der Gründung gibt es viele Anfragen.

Die Uni-Klinik hat kürzlich ein neues Netzwerk gegründet, das „Essener Zentrum für Seltene Erkrankungen“ (EZSE). Es ist das einzige in der Region. Als selten bezeichnet man eine Krankheit, die bei höchstens fünf Menschen von 10.000 auftritt. „Die Patienten“, sagt EZSE-Sprecher Bernhard Horsthemker, „haben oft eine unendliche Odyssee hinter sich.“

Das EZSE ist nicht erste Anlaufstelle für Bürger, die mit einem unklaren Beschwerdebild zu kämpfen haben, sondern für Ärzte in der Region. Falls diese bei einem Patienten mit ihrem Latein am Ende sind, können sie sich ans EZSE wenden.

Das EZSE soll bekannt werden

Vor dem Start des EZSE hatte das Uni-Klinikum alle 700 Ärzte in Essen angeschrieben und rund 1300 Kinderärzte in der Region. Ziel: Das EZSE soll bekannt werden. Die Folge: „Wir bekommen bereits jetzt täglich Anfragen von Kollegen, die vermuten, dass einer ihrer Patienten an einer seltenen Erkrankung leidet“, berichtet Charlotte Decker, die im EZSE als sogenannte „Lotsin“ arbeitet, als erste Anlaufstelle. „Wir koordinieren dann den weiteren Verlauf mit Diagnostik und Behandlung.“

Denn falls eine seltene Erkrankung tatsächlich vorliegt – wer kann sie behandeln? Diese Frage ist bei seltenen Erkrankungen besonders schwierig zu klären. „Unter dem Dach des EZSE sind 20 Kliniken, Abteilungen und Institute der Uni-Klinik beteiligt“, berichtet Bernhard Horsthemke. „Nur so können wir sicherstellen, dass komplexe Diagnosen und Therapien die bestmögliche Versorgung für den Patienten darstellen.“

Viele Spezialisten beteiligen

Wobei den Gen-Forschern und den Kinderärzten eine besondere Rolle zukommt. „Ein Großteil der seltenen Erkrankungen taucht im Kindesalter auf“, erklärt Horsthemke. Trotzdem ist es wichtig, viele Spezialisten an der Untersuchung dieser Krankheiten zu beteiligen. „Sie müssen immer interdisziplinär erforscht werden“, erklärt Projekt-Koordinatorin Corinna Grasemann. „Es gibt zum Beispiel das ,Prader-Willi-Syndrom’, das schon bei Neugeborenen auftritt – mit einem deutlichen Mangel an Bewegungsfähigkeit. Später entstehen erhebliche hormonelle Probleme, die Kinder nehmen stark zu. An der Erforschung der Krankheit sind nicht nur die Humangenetiker beteiligt, sondern auch die Kinder-Endokrinologen, also die Hormon-Ärzte.“

Sich bei „seltenen Erkrankungen“ wissenschaftlich zu engagieren, erschien lange nicht sinnvoll für die Pharma-Industrie – weil es am Ende zu wenig Kunden gibt. „Dabei sind diese Erkrankungen durchaus für die Pharma-Industrie interessant, weil an seltenen Erkrankungen grundlegene Mechanismen erforscht werden können. Die Veränderungen von Eiweißen oder Genen etwa“, so Ulrike Schara, Vize-Sprecherin des ESZE.

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