Essen. . Verstößt die Stadt Essen mit ihrem Online-Service-Angebot zur Kommunalwahl gegen den Datenschutz? Mit wenigen Informationen sind die Meldeadressen von Wahlberechtigten im Internet jedenfalls leicht zugänglich. Der Landesdatenschutz ist alarmiert und untersucht den Fall nun.

Datenschutz ist eine heikle Sache. Und in Tagen, in denen ein gewisser Edward Snowden die Machenschaften des US-Geheimdienstes NSA und seiner Schnüffler öffentlich gemacht hat, wird man noch etwas hellhöriger als sonst, wenn es um mögliche Datenschutzprobleme geht. Zumal sie in Zusammenhang mit der bevorstehenden Kommunalwahl stehen.

Diesen Verdacht hegt zumindest Ulrich Greveler, seines Zeichens Professor an der Hochschule Rhein-Waal in Kleve und Experte auf dem Gebiet der Verwaltungsinformatik. In dieser Eigenschaft hat Greveler sich im Internet das Angebot der Stadt Essen zur Kommunalwahl 2014 angesehen. Ein „gut durchdachter und hilfreicher Service“, wie der Hochschullehrer findet. Mit einem womöglich fatalen Schönheitsfehler: Die Meldeadressen der wahlberechtigten Bürger sind augenscheinlich nicht ausreichend geschützt, um sie vor einem Missbrauch zu bewahren.

Der Landesdatenschutzbeauftragte geht der Sache bereits nach. Dessen Sprecher, Nils Schröder, lieferte am Montag folgende Einschätzung: So wie es sich den Datenschutzexperten seines Hauses nach einer ersten Draufsicht darstelle, „kann das nicht richtig sein“.

Name und Geburtsdatum reichen für Abfrage

Im Detail geht es um Folgendes: Auf ihrer Internetseite räumt die Stadt die Möglichkeit ein, Unterlagen für die Briefwahl unkompliziert auf elektronischem Weg anzufordern. Nutzer müssen dafür lediglich Name und Geburtsdatum eingeben. So weit, so gut. Die Bestätigung gibt’s per Mausklick als Pdf-Datei.

Nur: Auf dem Schreiben ist auch die Adresse zu lesen, unter der der mutmaßliche Absender gemeldet ist. Im Klartext: „Jeder kann weltweit über das Internet die Meldeadresse eines Essener Bürgers abfragen, wenn er neben dem Namen auch dessen Geburtsdatum kennt“, wundert sich Professor Greveler, der selbst in Essen wohnt, was ihn womöglich in dieser Datenschutzfrage noch etwas sensibler macht.

Ist ausgeschlossen, dass schützenswerte Daten abgeschöpft werden können?

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Wo ist das Problem, könnte man fragen? Name und Adresse stehen schließlich auch im Telefonbuch. Und: Jeder, der will, bekommt gegen Gebühr bei der Stadt einen Auszug aus dem Melderegister, wie Nils Schröder für den Landesdatenschutzbeauftragten einräumt. Es sei denn, es lägen „besondere Gründe“ vor, so dass die Behörde die gewünschte Auskunft verweigern darf. Und eben hier wird es heikel um das Service-Angebot der Stadt zur Briefwahl. Ist ausgeschlossen, dass schützenswerte Daten abgeschöpft werden können? Der Datenschutzbeauftragte will dies durch die Stadt sichergestellt sehen. Welche Konsequenzen sich andernfalls ergeben, blieb offen.

Das zuständige Amt für Wahlen und Statistik der Stadt Essen war am Montag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Die Stadt Essen reagierte derweil und hat den Service vorübergehend deaktiviert. Auf der Internetseite heißt es dazu: "Der Inhalt des Bestätigungsschreibens für einen Briefwahlantrag "Online" wird derzeit rechtlich geprüft. Sobald die Prüfung abgeschlossen ist, wird der Service Briefwahl-Online wieder angeboten."