Essen. Die Essener Polizei setzt verstärkt auf mobile Beamte und schichtet Stellen um: Die Wachen in Steele und Borbeck bleiben künftig nachts geschlossen. Wer Hilfe brauche, suche keine Polizeistube mehr auf, sondern greife zum Handy, sagt die Polizei. Und mancher, der kam, wollte nur auf die Toilette.
Erst vergangene Woche schlug die Gewerkschaft der Polizei Alarm: Die Pensionierungswelle reiße Löcher in die Personaldecke. Landesinnenminister Ralf Jäger kündigte daraufhin eine Kommission an, die Ausgleichspläne vorlegen soll. Unruhe herrschte jüngst auch in Essen, als bekannt wurde, dass die Wachen in Steele und Borbeck nachts und sonntags geschlossen bleiben sollen. „Die Polizei entfernt sich von den Menschen“, kritisierten Lokalpolitiker.
Dabei werde hier überhaupt kein Personal eingespart, sondern lediglich anders eingesetzt, erwidert die Essener Polizei. Von einer Anpassung der Organisation spricht Michael Schemke, als Polizeidirektor verantwortlich für die Abteilung Gefahrenabwehr/Einsatz. So bleibe die Stellenzahl gleich, das Personal sei künftig quasi als „mobile Wache“ unterwegs.
"Innendienst und Anforderungen"
Noch vor einigen Jahren habe die Polizei tatsächlich „stetig steigende Zur-Ruhe-Setzungen und geringere Einstellungszahlen durch eine Verschlankung der Führungsstellen in der Verwaltung kompensieren müssen“. Das führte im Jahr 2005 unter anderem dazu, dass man die Zahl der Polizeiinspektionen von sechs auf drei halbierte. Das Motto der damaligen Landesregierung – „Weniger verwalten, mehr fahnden!“ – beherzigen die Essener bis heute.
So komme etwa der aktuelle Beschluss, die Öffnungszeiten der beiden genannten Wachen zu reduzieren, nicht aus Düsseldorf, sondern sei vielmehr das Ergebnis der ständigen Überprüfung der Arbeit vor Ort. Dazu zählt das erkannte Missverhältnis zwischen „Innendienst und Anforderungen.“ So habe sich zuletzt in Steele und Borbeck nachts kein Bürger auf der Wache blicken lassen. Und mancher, der tagsüber kam, suchte nur eine Toilette. „Wer heute tatsächlich die Hilfe der Polizei braucht, nutzt vor allem sein Handy“, sagt Schemke.
Keine weitere Planungen
Um Beamte nicht als Immobilienwächter zu beschäftigen, sollen diese nun ausrücken. Neun Beamte sind im Zuge der neuen Strukturen je Wache freigestellt worden, so konnte pro Inspektion eine zusätzliche Krad-Gruppe eingerichtet werden, die den Streifendienst unterstützt. Von ihr erhofft sich die Polizei auch eine größere Effizienz im Kampf gegen Einbrecher. Und: Die Kollegen auf den Zweirädern spreche der Bürger eher an als die Beamten im Auto. Die neue Polizei-Präsenz im Stadtteil könne das subjektive Sicherheitsgefühl erhöhen – und Täter abschrecken.
Vor Ort unterwegs
Bis 2005 gab es sechs Polizeiinspektionen: Mitte, Rüttenscheid, Borbeck, Altenessen, Steele, Rellinghausen, heute sind es noch drei. Schon in den
1990er Jahren wurden die Wachen Überruhr, Werden und Bredeney geschlossen.
Heute sind gut 80 Bezirksbeamte im Einsatz: Sie sind oft zu Fuß im Streifenbezirk unterwegs und für Bürger ansprechbar.
Dass die verbleibenden Wachen mit 24-Stunden-Dienst damit überflüssig seien, mag die Polizei aber nicht bestätigen. „Weitere Umschichtungen bei den Polizeiwachen sind derzeit nicht geplant“, sagt Schemke. Es gebe auch keine weiteren Planungen, die Öffnungszeiten der Wachen zu verändern oder diese gar zu schließen. Bis auf weiteres gelte: In jeder Inspektion soll es eine Wache geben, die rund um die Uhr besetzt ist.