Essen. Zum 100-jährigen Jubiläum des Rhein-Herne-Kanals organisiert ein Waltroper Museum eine schwimmende Wanderausstellung. Ein Thema sind Essener Ganoven, die 1995 Tresore im Wasser versenkten.
Im Frühjahr 1995 ging es in Essen zu wie in Entenhausen – die Panzerknacker waren unterwegs. Im gesamten Ruhrgebiet brachen sie des nachts in Altenheime ein, entwendeten per Sackkarre die Tresore und fuhren mit der Beute in ein Bootshaus in Dellwig. Dort knackten die sechs Männer in aller Ruhe die Schlösser und entsorgten die leeren Tresore anschließend im Rhein-Herne-Kanal. Die Polizei fand mehr als 30 davon im Wasser.
In diesem Jahr wird der Kanal 100 Jahre alt. Das Museum „Schiffshebewerk Henrichenburg“ in Waltrop nimmt dieses Jubiläum zum Anlass für eine schwimmende Sonderausstellung, die zwar nicht in Essen Station macht, aber die Geschichte der Panzerknacker nacherzählt. Ab Mai legt der historische Schleppkahn „Ostara“ an fünf verschiedenen Orten auf dem Kanal an und präsentiert Fotos, Filme, Kunstwerke und Erinnerungsstücke aus der Geschichte des Rhein-Herne-Kanals.
"Kumpel-Riviera"
Organisiert wird die Ausstellung von den beiden Historikern Herbert Niewerth und Georg Eggenstein sowie Arnulf Siebeneicker, dem Leiter des Museums Henrichenburg. Dabei soll es nicht nur um die wirtschaftliche Geschichte des Kanals gehen. „Wir wollen auch das Leben der Menschen an Bord der Schiffe und den Kanal als Ort der Freizeit zeigen“, sagt Niewerth. Denn die Wasserstraße war auch schon immer die „Kumpel-Riviera“, sagt Niewerth. Und natürlich ist der Kanal im Norden des Ruhrgebiets ein Ort der kuriosen Geschichten – eben wie jene von der Dellwiger Panzerknacker-Bande.
Hubert Niewerth erzählt davon, wie die Polizei den Verbrechern damals auf die Schliche gekommen ist: „Die Polizei hat einen Autodieb auf frischer Tat ertappt, der ist dann auf seinem Motorrad geflohen.“ Mit den Panzerknackern hatte der Flüchtige nichts am Hut. Doch der Autodieb entledigte sich seines Motorrads mit einer spektakulären Aktion: Er hielt auf den Rhein-Herne-Kanal zu, sprang in letzter Sekunde ab und floh zu Fuß weiter – das Zweirad verschwand im Wasser. „Der Mann ist entkommen“, sagt Niewerth.
Tresore am Grund des Kanals gefunden
„Aber die Polizei hat mit Tauchern nach dem Motorrad gesucht.“ Dabei fanden die Ermittler am Grund des Kanals die Tresore. Nachforschungen im Umfeld führten zu einem kleinen Bootshaus in der Nähe der ehemaligen Dellwiger Schleuse. Dessen Pächter stand in Diensten der Panzerknacker. Kurze Zeit später konnte die Polizei drei Männer bei einem neuen Coup verhaften, es folgten weitere Festnahmen. Insgesamt betrug die Beute der Panzerknacker umgerechnet 125.000 Euro, alles entwendet aus Altenheimen im Ruhrgebiet. „Das waren wirklich noch Panzerknacker alten Stils“, sagte damals der verantwortliche Staatsanwalt der NRZ. Gelernte Ganoven im reiferen Alter, deren „Handwerk“ schon im Jahr 1995 nur noch selten anzutreffen war.
Einen der versenkten Tresore kaufte Herbert Niewerth Jahre später auf einem Schrottplatz im Essener Norden. Er steht seitdem im Waltroper Museum und wird auch Teil der Sonderausstellung sein. Niewerth möchte ein Bild nachstellen, das die Polizei bei der Durchsuchung des Bootshauses fand. Dort sind Leute bei einer Geburtstagsfeier zu sehen, ein Geschenk wird an ein Bandenmitglied überreicht: Ein Tresor, in dem ein kleiner Streifenwagen mit Blaulicht parkt.