Essen. Am Baldeneysee in Essen sollen weite Teile des Ufers als Überschwemmungsgebiet ausgewiesen werden, obwohl keiner der Anlieger dort je ein Hochwasser erlebt hat. Die Bezirksregierung Düsseldorf beruft sich auf ihre Berechnungen. Den Anrainern drohen nun massive Einschränkungen.

Bei den Anliegern des Baldeneysees herrscht Unruhe: Die Bezirksregierung Düsseldorf erarbeitet derzeit eine neue Verordnung zu den Überschwemmungsgebieten entlang der Ruhr. Ausgewiesen werden sollen dabei auch weite Teile des Seeufers, dabei kann sich dort niemand an ein Hochwasser erinnern. „Den Baldeneysee zu überschwemmen, ist ja auch ziemlich schwer – schließlich gibt es da das Stauwehr“, sagt Hans-Walter Fink gallig. Bei Hochwasser werde entsprechend mehr Wasser in die Ruhr weitergegeben.

Als Sprecher der Interessensgemeinschaft (IG) Baldeneysee, in der sich die örtlichen Wassersportvereine zusammengeschlossen haben, macht sich Fink allerdings Sorgen. In Überschwemmungsgebieten ist nämlich manches untersagt: So dürfen hier keine Baugebiete ausgewiesen werden, bauliche Anlagen dürfen weder errichtet noch erweitert werden, Mauern in Fließrichtung sind ebenso verboten wie das Anlegen von Baum- oder Strauchpflanzungen, sofern diese dem Hochwasserschutz entgegenstehen.

Dürfen die Vereine noch Jollen an Land stehen lassen?

Besonders problematisch für Wassersportler ist der Passus, nachdem „die nicht nur kurzfristige Ablagerung von Gegenständen, [. . .] die fortgeschwemmt werden können“, untersagt ist. Die Vereine fragen sich nun, ob sie ihre Jollen noch auf Anhängern und Bootswagen an Land stehen lassen dürfen, ob womöglich sogar Liegeplätze geräumt werden müssen.

Die Stadt Essen als Untere Wasserbehörde kann solche Fragen nicht beantworten: Es handle sich um „ein laufendes Verfahren der Bezirksregierung“. Dort schließt Sprecher William Wolfgramm mögliche Ausnahmen nicht aus, „ob da ein Boot liegen darf oder nicht, muss man noch sehen“. Grundsätzlich dienten die Einschränkungen für die Anrainer deren Schutz. „Die Vorschriften sollen die Folgen einer Überschwemmung abmildern und verhindern, dass die Gefahr eines Hochwassers zunimmt.“

Hochwasser am Baldeneysee sei unwahrscheinlich

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Dass ein solches Ereignis beim Baldeneysee ohnehin unwahrscheinlich ist, bestreitet Wolfgramm: Betroffen seien all jene Flächen, „auf denen statistisch gesehen einmal in 100 Jahren mit einem Hochwasser zu rechnen ist“. Sie auszuweisen, schreibe der Gesetzgeber vor. Ermittelt habe man die Gebiete mittels eines komplexen statistischen Verfahrens anhand von Daten zu Gelände und Wasserstand. „Die Betriebsregeln des Stauwehres“ habe man übrigens in die hydraulischen Berechnungen einbezogen.

Die Industrie- und Handelskammer (IHK), die bei Planverfahren routinemäßig einbezogen wird, hat im März betroffene Mitglieder über das Vorhaben informiert und um Stellungnahmen gebeten. Schließlich könnte ein (übertriebener) Hochwasserschutz mit wirtschaftlichen Interessen kollidieren.

„Nur weil eine Nachbarin von der IHK angeschrieben wurde, haben wir von dem Vorhaben erfahren“, sagt Fink, der auch Präsident des Yachtclubs Ruhrland Essen ist – und der hat nun eine Einwendung formuliert. Bevor die Verordnung in Kraft tritt, so Wolfgramm, werden alle Einwendung geprüft.