Essen. Vor zwei Jahren startete in Essen das Projekt „Willst Du mit mir gehen“ in den Stadtteilen. Heute laufen jede Woche 104 Ehrenamtliche mit bis zu 700 Teilnehmern. Und es gibt Feiern, Ausflüge und Freundschaften, die im Laufe der Zeit entstanden sind.

30 Stadtteile, 104 Spazierpaten und bis zu 700 Senioren, die Woche für Woche zu einem der Treffpunkte kommen und loslaufen: Das sind die Zahlen zwei Jahre nach dem Start des Projekts „Willst Du mit mir gehen?“.

Hinter diesen Zahlen stecken vor allem aber viele menschliche Geschichten. Solche von Freundschaften zwischen Nachbarinnen, die sich bis dahin 15 Jahre lang lediglich kurz grüßten. Oder die von einer Witwe, die nach dem Tod ihres Mannes selten aus dem Haus ging und sich nun auf die Treffen freut. Unter den Spaziergängern sind Senioren, die nach dem Ausstieg aus dem Job ein wenig einsam geworden sind und neue soziale Kontakte geknüpft haben.

Gesundheit und Mobilität erhalten

Genau diese Kontakte, den Austausch, die Gespräche beim Kaffee nach dem Spaziergang durch den Stadtteil schätzen viele Teilnehmer an den wöchentlichen Treffen, sagt Ingeborg Schrader vom Seniorenbeirat. Der hat das Projekt gemeinsam mit Mitstreitern aus der Gesundheitskonferenz und aus dem Seniorenreferat ins Leben gerufen. Sie wollen Senioren im wahrsten Wortsinn bewegen, damit sie Gesundheit und Mobilität erhalten.

Die Organisatoren haben 2012 Infokarten in Praxen, Apotheken und in Krankenhäusern ausgelegt, Plakate, die WAZ hat mit viel Sympathie von der Idee berichtet – und alle haben auf Mitläufer gehofft. „Dass es so ein Erfolg wird, damit haben wir nicht gerechnet“, sagt Ingeborg Schrader. Manche Patin wie etwa Renate Pilzecker in Schonnebeck hat gar befürchtet, ganz allein am Treffpunkt zu stehen. Von wegen! Bis zu 25 Spaziergänger treffen sich jetzt jede Woche in Kray, Katernberg, Bredeney oder Heisingen, um neue Ecken ihrer Vororte zu erkunden: immer etwa eine Stunde lang im angepassten Tempo, so dass auch Teilnehmer mit Rollatoren kommen. „Einige haben den inzwischen wieder zu Hause gelassen“, hat mal eine Patin verraten.

Der Spaziergang fällt nie aus

Inzwischen, sagt Ingeborg Schrader, habe sich ein richtiger Spaziergangs-Tourismus entwickelt: „Die Teilnehmer laufen nicht nur durch ihr Viertel mit, sondern schließen sich auch Spaziergängen in anderen Stadtteilen an.“ Sie machen das bei Wind und Wetter, zu jeder Jahreszeit. Dabei hatten die Organisatoren anfangs eine Winterpause geplant. Daraus wurde nichts, auf nachdrücklichen Wunsch laufen Paten und Spaziergänger pausenlos. Renate Pilzecker bestätigt: „Ob bei Schnee oder Regen, es ist bei uns noch kein Spaziergang ausgefallen.“ Nicht nur der steht bei den Teilnehmern im Terminkalender, dort sind jetzt regelmäßig auch Mittagsessen, Sommerfeiern, Ausflüge und Shopping-Nachmittage eingetragen. Das überwältigt die Organisatoren wie Ingeborg Schrader: „Dass sich unser Projekt so entwickelt, ist einfach schön.“