Katernberg. . In Katernberg spazieren jede Woche Senioren mit Ehrenamtlichen durch den Stadtteil. Sie gehören zu den 85 eSpazierpaten, die es mittlerweile in23 Essener Stadtteilen. Ein Projekt, das weiter ausgebaut werden soll.
Bei Kilometer 0 kommt Karin Brohm ins Staunen. „So viele waren wir ja noch nie“, sagt die 69-Jährige, zieht ihre nachgezeichneten Augenbrauen hoch und schaut in die Runde. „Wir sind schon 15, Nein, 17. Boah.“ Und es werden noch mehr. Als die Glocke des Bergmannsdoms zweimal schlägt, steht eine Gruppe von 21 Frauen am Markt – Rekord für die Spazierpaten in Katernberg.
Beginn im März 2012
Im März 2012 sah das noch anders aus. Zu Beginn des Projekts von Seniorenbeirat, Gesundheitskonferenz und Seniorenreferat konnte man die Teilnehmer an einer Hand abzählen, erinnert sich Gisela Schubert, eine von zwei Spazierpaten im Stadtteil. Mittlerweile trifft sich die 67-Jährige jeden Dienstag um 14.30 Uhr mit durchschnittlich 15 Senioren, um durch Katernberg zu schlendern. Die meisten von ihnen sind Frauen wie Karin Brohm: verwitwet, aber noch hungrig auf Leben. Denn das läuft weiter – und die Frauen laufen mit.
„Auf geht’s“, sagt Schubert und dirigiert die giggelnde Truppe quer über den Markt Richtung Viktoriastraße. Als Wanderführerin beim Sauerländischen Gebirgsverein ist sie Laufen gewohnt; die eigentliche Aufgabe liegt darin, die Gruppe zu bändigen. „Man kann besser einen Sack Flöhe hüten“, sagt Schubert und lacht. „Beim Wandern sagen wir immer: ‚Bisschen Schwund ist immer’. Aber die Frauen möchte ich schon alle mit nach Hause bringen.“
Bei Kilometer 0,5 kommt Karin Brohm genau da vorbei. „Das ist mein Haus“, sagt sie und zeigt auf eine Doppelhaushälfte aus dunklem Backstein. Der kleine Garten wird von einer Hecke gesäumt. „Seit mein Mann tot ist, muss ich die selber schneiden und auch sonst alles alleine in Angriff nehmen.“ Dann schweigt Karin. Einen Moment lang versinkt sie in Gedanken. Doch schon ein paar Schritte weiter über ist sie wieder da. „Huhu, Frau Hemmer!“, ruft sie und winkt einer Dame mit Rollator auf der anderen Straßenseite zu. „Sie fehlen noch!“
Tatsächlich ist ein Rollator kein Hindernis, um mitzulaufen. Fünf der 21 Frauen schieben eins dieser Wägelchen vor sich her, drei stützen sich auf Gehstöcke.
Alleine würden sich viele der Frauen den Weg gar nicht zutrauen, sagt eine. In Gesellschaft laufe es sich jedoch gut. „Man merkt gar nicht, dass man so viel läuft, weil man sich unterhält“, sagt Karin. Latschen und tratschen.
Kurz vor Kilometer 3 sind aus der Truppe kleine Trüppchen geworden. Während Waltraut Vahl und Helga Ebbrecht schon mitten durch die Kleingartenanlage Altenessen schlendern, spazieren die anderen noch über den brüchigen Asphalt am Bürgerpark. Nach einer Stunde schaffen es alle ans Ziel. Waltraut und Helga, Karin und Gisela und die 17 anderen. „Man hört ja immer wieder, dass die alten Menschen vereinsamen“, sagt Waltraut. Sie sagt es so, als meine sie nicht sich.