Essen. Die Bundespolizei fahndet mit einem WhatsApp-Bild nach einer jungen Frau. Deren Foto erschien als Profilbild neben dem Namen eines Mannes, der sein Smartphone vor Monaten in Essen verloren hat. Die technischen Hintergründe und die Beweggründe des Richters, mit dem Foto öffentlichen zu fahnden, erklären die Behörden. Fünf Fragen zum Fall und zu WhatsApp.
Die Bundespolizei sucht seit Mittwoch mit einem Foto, das beim Kurznachrichtendienst WhatsApp hochgeladen wurde, nach einer jungen Frau. Die unbekannte Blondine wird nach den bisherigen Erkenntnissen der Bundespolizei einer "Fundunterschlagung" verdächtigt: Sie soll in Essen ein Handy an sich genommen haben, das ein Fahrgast der Deutschen Bahn verloren hatte. Der Fall löste im Netz und sozialen Netzwerken Diskussionen und Empörung aus. Bundespolizei und Amtsgericht Essen erklären nun Einzelheiten.
Was war passiert?
Ein 52-jähriger Mann aus Emden hatte am Sonntag, 23. Juni 2013, beim Aussteigen aus einem Zug im Essener Hauptbahnhof sein Smartphone im Wert von 600 Euro vergessen. Fast fünf Monate später, am 14. November 2013, sah die Stieftochter des Handy-Besitzers im Messenger-Netzwerk WhatsApp unter dem von ihr gespeicherten Kontakt ihres Stiefvaters das Profilfoto einer jungen, blonden Frau, die sie nicht kannte.
Die Stieftochter schrieb die Unbekannte an. Es sei zu einem kurzzeitigen Kontakt zwischen den beiden Frauen gekommen, so die Bundespolizei. Doch dann reagierte die Unbekannte nicht mehr, ihr Profilfoto verschwand wieder.
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Das WhatsApp-Bild hatte die Stieftochter jedoch vorher gesichert. Sie gab es an die Ermittler weiter. Nun sucht die Bundespolizei nach der Frau, nimmt Hinweise unter der Telefonnummer 0800-6888 000 entgegen. Die Ermittler verdächtigen die Unbekannte der "Fundunterschlagung": Sie könnte das Fundstück, das der Finder bei der Deutschen Bahn oder der Bundespolizei hätte abgeben müssen, behalten haben. Das Strafgesetzbuch schreibt für solche Delikte Geldstrafen und sogar Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren vor. Bereits der Versuch einer Unterschlagung ist strafbar.
Wieso erschien das Profilfoto der jungen Frau auf dem WhatsApp-Account des 52-Jährigen?
Diese Frage beschäftigte auch die Ermittler der Bundespolizei. Sprecher Volker Stall erklärt den Fall so: Der 52-Jährige habe sich mit seinem Smartphone vor dem Verlust bei WhatsApp angemeldet. Bei dieser Anmeldung registriere die App entweder automatisch die Telefonnummer oder fordert deren Eingabe. Das sei je nach Betriebssystem des Smartphones unterschiedlich.
Lege man nun eine SIM-Karte mit einer anderen Telefonnummer in das Handy ein, werde bei WhatsApp "trotzdem die alte Nummer angezeigt und nicht die neue", so Stall: "Der App ist es egal, ob Sie die Nummer gewechselt haben." Nur wenn man WhatsApp deinstalliere und wieder neu lade, spiele die alte Telefonnummer keine Rolle mehr.
Was bedeutet der Fall für WhatsApp-Nutzer und Handy-Finder?
Was bedeutet der Fall für WhatsApp-Nutzer und Handy-Finder?
Zunächst einmal gilt wie in allen Lebensbereichen: Wer einen Wertgegenstand oder persönliche Dinge findet, sollte so ehrlich sein und diese im Fundbüro abgeben. Schlimmstenfalls fahndet sonst wie im aktuellen Fall die Bundespolizei mit einem Foto deutschlandweit.
Die junge Frau, die auf dem Foto – vermutlich ein "Selfie" (Selbstporträt) – zu sehen ist, kann das Handy auch gekauft oder geschenkt bekommen haben, ohne dass sie von der Vorgeschichte wusste. In diesem Fall müsste das Gericht feststellen, ob sie sich der Hehlerei strafbar gemacht hat, erklärt Stall. Wer ein gebrauchtes, hochwertiges Handy kauft, der sollte gerade bei extrem günstigen Preisen stutzig werden – etwa wenn das neuwertige Marken-Smartphone plötzlich für 50 Euro zu haben ist.
Außerdem empfiehlt es sich, WhatsApp zu deinstallieren und neu runterzuladen. Sonst muss man damit rechnen, dass völlig fremde Menschen ein vielleicht sehr persönliches Profilfoto sehen und man eventuell von ihnen Nachrichten erhält.
Was bedeutet der Fall für die Arbeit der Polizei?
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Die Bundespolizeiinspektion Dortmund, die auch für Essen zuständig ist, fahndet zum ersten Mal mit einem WhatsApp-Bild. Sie musste selbst erst einmal herausfinden, wie das Foto der jungen Frau mit dem WhatsApp-Account des 52-Jährigen zusammenhängt, erklärt Stall. Auch wollten die Ermittler ausschließen, dass es sich um einen Fehler der Software handelt.
Wieso hat das Gericht das WhatsApp-Bild für die Öffentlichkeitsfahndung freigegeben?
Soll ein Foto von einer Person im Rahmen einer Öffentlichkeitsfahndung veröffentlicht werden, so müsse dies durch einen Richter überprüft werden, erklärt Michael Schütz, Richter und Pressesprecher am Amtsgericht Essen. Sein Haus hatte in diesem Fall das WhatsApp-Foto der jungen Frau freigegeben.
Ob ein Bild veröffentlich wird, werde immer im Einzelfall geprüft. In dem aktuellen Fall sei der zuständige Richter zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Straftat von erheblicher Bedeutung vorliege, "so dass der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten gerechtfertigt ist", so Schütz. Außerdem dürfe ein Bild nur veröffentlicht werden, wenn es für die Ermittler sonst zu schwierig sei, die Identität des Abgebildeten festzustellen.
Welche Gefahren Experten bei WhatsApp sehen, erfahren Sie hier.