Essen. Hermann Eumann (93) aus Essen bewahrt ein seltenes Erinnerungsstück seines Vaters aus dem Ersten Weltkrieg auf - seine schwarze Brieftasche mit einem Einschussloch. An der Westfront traf den Essener eine Kugel in der Hüfte und durchschlug dann die Gesäßtasche.

Die schwarze Brieftasche mit dem gelben Soldbuch darin ist mehr als hundert Jahre alt und fällt fast auseinander. Hermann Eumann (93) aus Schönebeck hütet dieses seltene Erinnerungsstück aus dem Ersten Weltkrieg wie einen kleinen Schatz. Es handelt sich um eine schlichte Brieftasche, die eine anrührende Episode aus dem Leben seines Besitzers erzählt: Der hieß auch Hermann Eumann und war sein Vater.

„Sehen Sie das Einschussloch?“, fragt der „Junior“, ein rüstiger Rentner mit fester sonorer Stimme, und deutet auf die markante „Leerstelle“ im brüchigen Leder. „Es passierte 1916 bei einem deutschen Angriff in Frankreich“, erzählt er. „Die Kugel ging vorne in die Hüfte rein und hinten raus.“ Hinten - da steckte die Brieftasche in einer Gesäßtasche.

Es sollte nicht die einzige Verletzung bleiben, die sich der gelernte Maschinenschlosser der Zeche Carolus Magnus in dem barbarischen Gemetzel zwischen Marne, Somme und Verdun zuziehen sollte. „Ein Kopfstreifschuss hinterließ später eine lange Narbe“, sagt Hermann Eumann. „So tief, da konnte man einen Finger reinlegen. Nur einen Zentimeter tiefer und die Kugel hätte ihn mitten in die Stirn getroffen.“

Erst ging es an die Ostfront, dann nach Westen

Eumann senior, im Februar 1896 in Essen geboren, wurde gleich im August vierzehn zu den Waffen gerufen - bei den „Bückeburger Jägern“, einer stolzen Eliteeinheit der Preußischen Armee. Zuerst ging’s an die Ostfront, dann nach Westen. Von großer Kriegsbegeisterung wird er später berichten, von blutjungen Freiwilligen, die vom Klassenzimmer an die Front stürmten.

Hat er viel vom Krieg erzählt? „Ja, weil ich ihn gefragt habe“, erwidert Hermann Eumann. Seinen 1983 gestorbenen Vater schildert er als einen ruhigen, nachdenklichen Mann. Als einen, der nur in den Krieg zog, weil er musste. Und der zwei Jahrzehnte später das nächste Morden erleben sollte. „1945 wollten sie ihn noch zum Volkssturm einziehen, aber die Zeche brauchte ihn als Reparaturschlosser.“

Hermann Eumann selbst hat die Schrecken des Zweiten Weltkriegs ebenfalls als Soldat erlebt. „Acht Jahre war ich weg und meine Jugend kaputt.“ Vier Jahre Front in Rußland, vier Jahre Gefangenschaft in England. Er sagt: „Ich war nicht scharf darauf, Soldat zu werden. Ich wollte doch nicht mit 19 sterben. Das Pappmaché-Kästchen des Vaters enthält Orden und Eisernes Kreuz, jede Menge Postkarten und Bilder. „Wenn ich nicht mehr da bin, wird es mein Sohn übernehmen.“

Essen im Ersten Weltkrieg

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