Essen. Tausende Beschäftigte von Thyssen-Krupp haben im Unternehmens-Quartier demonstriert. Sie fürchten um ihren Job, ihr Gehalt – und nicht zuletzt auch um die stets geschätzte Unternehmenskultur.

Zu Hunderten schwimmen sie in den Wasser-Bassins vor dem Hauptquartier, hocken auf den großformatigen Buchstaben der Hinweisschilder, lugen aus den Taschen der Demonstranten hervor: Die knatschgelben Quietscheenten der IG Metall sind der Renner an diesem Vormittag im Westviertel, denn was bleibt den Demonstranten, außer Wut und Galgenhumor?

Sie wollen, das ist die symbolische Bedeutung, „nicht baden gehen“ bei diesem „Kulturwandel“ im Hause Thyssen-Krupp, der für sie eher als „Kulturbruch“ daherkommt, so hat es Willi Segerath formuliert, der Chef des Konzernbetriebsrates: Um finanzmarktgetriebene Anteilseigner zu befriedigen, opfere der Weltkonzern die Tradition des guten Miteinanders mit der Belegschaft.

Angst vor Job-Verlagerung

Dass sie Federn lassen müssen, ist leider keine Ente: Viele fürchten um ihren Job, darum, dass ihr Arbeitsplatz ins Ausland verlagert wird, oder sei’s auch nur nach Berlin: 385 Kollegen sollen allein von Essen in die Hauptstadt ziehen. Warum, weiß Bruno Neumann von der IG Metall Essen: Um zweistellige Prozentanteile könnten deren alte Gehälter sinken, weil sie nach schlechteren Tarifen bezahlt würden.

Das wollen sie nicht mit sich machen lassen: „Tarifliches Dumping kommt nicht in Frage“, versichert Neumann und weiß den Oberbürgermeister an seiner Seite, der in einem kurzen Grußwort der Chefetage von Thyssen-Krupp ins Gewissen redet, faire Löhne zu zahlen. Reinhard Paß hält es da mit Werner von Siemens: „Für augenblicklichen Gewinn verkaufe ich die Zukunft nicht“, so zitiert Reinhard Paß den Erfinder und Industriellen.

Welche Zukunft ihnen bevorsteht, das fragen sich derzeit rund 1.400 Beschäftigte der IT, der Immobilien-Abteilung und aus anderen in Essen angesiedelten Querschnitts-Feldern des Konzerns. Als erstes wackeln offenbar die Arbeitsplätze bei der IT: Schon Ende März soll ein externer Anbieter hier die Geschäfte übernehmen, so Neumann. Sie wollen verhindern, was sich mit Protesten verhindern lässt: „Wir haben uns erst warmgelaufen.“