Essen. . Am Donnerstag schickte der Datenschutzbeauftragte des Landes NRW drei Kontrolleure in die Essener Zentrale des Waschstraßenbetreibers „Mr. Wash“. Dieser soll die Leistung seiner 800 Mitarbeiter unerlaubt mit Kameras überwachen. Wie die Firma und Verdi auf die Vorwürfe reagieren.

Der mögliche „Spitzel-Skandal“ beim Essener Unternehmen „Mr. Wash“ (33 Filialen, 800 Mitarbeiter) hat den Datenschutzbeauftragten NRW auf den Plan gerufen. Die Düsseldorfer Landesbehörde schickte am Donnerstag drei Spezialisten zu einem Kontrollbesuch in die Zentrale an der Hans-Böckler-Straße in Essen. „Wir haben den Besuch am Dienstag angekündigt, auch deshalb, weil wir mit der Geschäftsführung von Mr. Wash sprechen wollen“, sagte Nils Schröder, Sprecher des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit NRW, dieser Zeitung, und fügte hinzu: „Wir sind tätig geworden, weil wir gezielte Hinweise erhalten haben.“ Danach sollen Überwachungskameras auch heimlich installiert worden sein.

Das Hamburger Magazin „Stern“ hat enthüllt, dass der Waschstraßenbetreiber Mr. Wash in seinen Niederlassungen mehr als 100 Kameras installiert haben soll, die von der Essener Firmenzentrale aus übers Internet angesteuert werden konnten. „Wir haben das Unternehmen aufgefordert, einen detaillierten Fragenkatalog schriftlich zu beantworten“, sagt Nils Schröder.

„Permanente Verhaltens- und Leistungskontrolle“ verboten

Vor Ort sollen die drei Kontrolleure drei zentralen Fragen nachgehen: 1.) Wurden oder werden Videokameras betrieben? 2.) Wie sind die Kameras positioniert? 3.) Welche Bilder haben die Kameras aufgenommen?

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Für eine abschließende Bewertung sei es zum jetzigen Zeitpunkt noch zu früh, heißt es in Düsseldorf. „Wir stecken mitten in der Prüfung.“ Das Datenschutzgesetz NRW setzt dem Kontrollverlangen von Unternehmern strenge Grenzen. Der wichtigste Grundsatz lautet: Es darf in einem Unternehmen keine „permanente Verhaltens- und Leistungskontrolle“ von Mitarbeitern geben. Das heißt: In Büro- oder Pausenräumen hat „Big Brother“ nichts zu suchen.

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Das beschuldigte Unternehmen hat die im „Stern“ erhobenen Vorwürfe inzwischen zurückgewiesen. „Bei Mr. Wash gibt es keine Bespitzelung von Mitarbeitern“, heißt es in der vom Unternehmen am Donnerstag verbreiteten Erklärung. Die Geschäftsleitung schreibt weiter, die Beschäftigten von Mr. Wash würden nicht „systematisch mit Kameras überwacht“. Ebenfalls sei unzutreffend, dass „in unseren Niederlassungen 100 Webcams installiert sind, die via Internet aus der Firmenzentrale angesteuert werden können“. Falsch sei auch die Behauptung des „Stern“, dass über die Kameraüberwachung bei Mr. Wash „lediglich die Filialleiter in Kenntnis gesetzt sind. Die Kameras sind offen und frei sichtbar angebracht“.

Verdi fordert „drakonische Strafen“

Die Gewerkschaft Verdi reagiert mit Empörung auf die „Spitzel“-Vorwürfe gegen Mr. Wash. „Man darf Mitarbeiter nicht überwachen und unter Generalverdacht stellen“, sagte Günter Isemeyer, Sprecher von Verdi NRW dieser Zeitung. Die Gewerkschaft sieht die Datenschutzrechte von Beschäftigten immer dann gefährdet, wenn es keinen Betriebsrat gibt. „Die Dreistigkeit von Unternehmen ohne Betriebsrat nimmt zu. Wird gegen Datenschutzgesetze verstoßen, müssen drakonische Strafen verhängt werden“, verlangt der Verdi-Sprecher.

Die Stellungnahme von "Mr. Wash" im Wortlaut 

In der Stellungnahme zu dem Bericht des „Stern“ schreibt Mr. Wash im Wortlaut unter anderem:

„Wir setzen solche IP-Kameras ohne Aufzeichnungsfunktion an einigen Standorten unserer Niederlassungen außerhalb unserer Tankstellen ein. Sie erfassen weitläufige Bildeinstellungen, etwa den Zufahrtsbereich vor der Außenkasse oder den Einfahrtsbereich der Waschanlage. Außerdem die Ausfahrt der Waschanlage und das Außen- oder Hallengelände mit den SB-Staubsaugern, sowie die Einfahrtssituation der Innenreinigung.

Diese Webcams ermöglichen den Leitern unserer Niederlassungen einen Überblick über das aktuelle Geschehen auf dem teils weitläufigen Betriebsgelände. Sollte in diesen Bereichen ein Problem oder etwa ein Fahrzeugstau auftreten, kann der Leiter der Niederlassung dies schnell erkennen – falls er sich in seinem Büro aufhält. Nur dort nämlich sind die Livebilder der Webcams auf dem Monitor zu sehen.

Auf Bilder dieser Webcams können außerdem Vorstand und Prokuristen der Mr. Wash-Zentrale in Essen zugreifen. Es handelt sich ausschließlich um dasselbe Bildmaterial, das auch in den Niederlassungen auf den Monitoren gezeigt wird. Allerdings kann in der Unternehmenszentrale kein fließender Live-Videostream empfangen werden. Möglich sind lediglich Standbilder, die alle zehn bis dreißig Sekunden aktualisiert werden. Für ein größeres Datenvolumen wurde unser internes Netzwerk von Anfang an nicht ausgelegt.“