Essen. In der europaweiten Ausschreibung hat sich Energieriese RWE mit seinem Angebot durchsetzen können - und somit wird im Grunde ab 2015 alles so weiter laufen wie bisher: Essen wird seinen Müll weiterhin in Karnap verbrennen lassen. Die Sorge vor zunehmendem Mülltourismus ist genommen.

Im vergangenen Jahr konnten die trauten Partner ihr goldenes Jubiläum feiern: Ein halbes Jahrhundert schon entsorgt die Stadt den Hausmüll ihrer Bürger in Karnap – und so wie es aussieht, bleiben sich RWE und Essen auch in den kommenden Jahren treu.

Denn nach NRZ-Informationen hat sich der Energieriese bei der europaweiten Ausschreibung mit seinen Angeboten zur Müllverbrennung durchsetzen können. Viel Konkurrenz, so heißt es, hat es ohnehin nicht gegeben. Der Zuschlag erfolgte am Ende zu Entsorgungspreisen von rund 55 bis 60 Euro je Tonne, je nach Zuschlag, denn das Geschäft mit dem Müll war auf sechs verschiedene Lose aufgeteilt, mit einer Laufzeit von zehn Jahren für den größten Teil des Hausmülls und einer von vier Jahren für den Sperrmüll.

Liefergarantie erlischt mit Ende der Verträge

Und so macht man 2015 dort weiter, wo man sonst Ende 2014 hätte aufhören müssen. Im Dezember läuft schließlich der Veraschungsvertrag mit dem Müllheizkraftwerk an der nördlichen Stadtgrenze aus. Und groß war dabei die Sorge, dass man von Essen aus dem Mülltourismus Vorschub leistet, wenn der hiesige Abfall zu anderen Verbrennungsanlagen im Umkreis gekarrt werden muss. Passé.

Dass Kraftwerks-Betreiber RWE mit seiner Tochter „Generation“ an die goldenen Zeiten vergangener Jahre anknüpfen kann, ist gleichwohl nicht zu erwarten. 2013 wurden noch mehr als 650.000 Tonnen Hausmüll in Karnap verbrannt, auch dieses Jahr wird man noch den größten Teil der Kapazität auslasten können. Doch mit dem Auslaufen der alten Veraschungs-Verträge erlischt auch die Liefergarantie der fünf Karnap-Städte, zu denen neben Essen auch Bottrop und Gladbeck, Mülheim und Gelsenkirchen gehör(t)en.

Klassische Müllverbrennung verliert an Bedeutung

Mülheim und Gladbeck entsorgen künftig andernorts, andere Ausschreibungen laufen noch, und sollen die vier Ofen-Linien in Karnap ausgelastet sein, muss sich RWE anderweitig um neuem Müll bemühen.

Dies dürfte zunehmend schwierig werden, schätzt das renommierte Öko-Institut Freiburg in einer Studie für den Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft: „Klassische Müllverbrennung verliert fast völlig an Bedeutung“, heißt es da, spätestens bis 2040/50 bestehe in Deutschland nur noch ein Bedarf von rund zehn Müllverbrennungs-Anlagen mit einer Kapazität von allenfalls fünf Millionen Tonnen im Jahr. In Karnap liegt die Kapazität bei mehr als 700.000 Tonnen.