Essen. Ein Rentner hat in einer Praxis in Essen-Kupferdreh eine junge Physiotherapeutin gewürgt und sexuell bedrängt. Im Urteil überbot das Gericht den Antrag der Staatsanwältin und verurteilte den Mann zu einem Jahr und acht Monaten Haft zur Bewährung. Außerdem muss er 1800 Euro Geldbuße zahlen.

Wenig Verständnis hatte das Essener Schöffengericht unter Richter Stefan Groß mit dem Rentner aus Überruhr, der in einer Kupferdreher Praxis die junge Physiotherapeutin gewürgt und sexuell bedrängt hatte. Das Gericht verurteilte ihn zu einem Jahr und acht Monaten Haft zur Bewährung. Außerdem muss er 1800 Euro Geldbuße zahlen.

Staatsanwältin Sonja Hüppe hatte den Fall als „minder schwer“ wegen der Person des Angeklagten eingestuft und lediglich ein Jahr Haft mit Bewährung ohne eine Geldbuße gefordert. Selbst Opfer-Anwalt Tobias Degener lag mit seinem Antrag von einem Jahr und vier Monaten unter dem Urteil. Angesichts der Tat sah das Schöffengericht keinen Anlass zur Milde. Der Rentner, der nach einem Schlaganfall Gesichtsmassagen verordnet bekommen hatte, war schon bei ersten Behandlungen aufgefallen. Die 22-jährige Physiotherapeutin hatte sich bei ihrem Chef beschwert, dass der Patient unverfroren auf ihren Busen starrte. Zeitweise wechselte sie sich deshalb mit einer älteren Kollegin ab.

Rentner drohte der jungen Frau mit dem Tod

Am 21. Mai vergangenen Jahres kam es wie geplant um 7.30 Uhr zur letzten Therapiesitzung. Plötzlich sprang er auf, drückte die 22-Jährige gegen die Wand, würgte sie und betatschte sie am Busen und im Schritt. Vergeblich versuchte er, unter ihre Kleidung zu kommen. Als sie sich löste, drohte er ihr mit dem Tode, falls sie etwas erzähle. Und: „Ich kenne Leute, die deiner Familie das Leben zur Hölle machen.“

Bei der Polizei hatte der Rentner die Tat bestritten. Doch vor Gericht kündigte Verteidiger Dirk Ernst ein Geständnis an, „um der Frau die Aussage hier zu ersparen“. Aber da sperrte sich der Angeklagte. Im Kern gestand er, aber fest gewürgt habe er sie nicht, auch nicht bedroht: „Was die da sagt, das stimmt nicht.“ Warum er sie derart bedrängt habe, das wisse er nicht. Warum er sich im Vorfeld nicht entschuldigt habe, will Richter Groß wissen. Der Rentner ist empört: „Soll ich auf Knien ankommen? Ich habe mich doch schon ans Messer geliefert.“

Später entschuldigt er sich nach der Aussage der jungen Frau, die noch schwer betroffen von der Tat ist. Er erzählt auch von seiner schweren Jugend, dass er nicht lesen und schreiben könne. Doch das hält das Gericht nicht von einer härteren Strafe ab.