Essen.. Das städtische Protokoll plant Staatsbesuche, Empfänge und Ordensverleihungen. Es sorgt dafür, dass am Ende stets alles gut geht.
„Rainer, jetzt geh doch mal raus aus dem Bild…“, versucht Stadtfotograf Peter Prengel den Protokollchef des Rathauses dezent darauf hinzuweisen, dass er nicht aufs offizielle Foto soll. Wer aber aus dem Bild tritt und sich entschuldigt, ist Reinhard Paß. Das war 2009, als Königin Silvia von Schweden Essen besuchte. Paß war damals erst kurze Zeit Oberbürgermeister, in Protokollfragen eher unerfahren und wollte wohl nicht unhöflich wirken. Anekdoten wie diese kennt man im Rathaus zuhauf.
Dennoch: Augenblicke wie diese sind äußerst selten, denn die Mitarbeiter aus dem Amt für Ratsangelegenheiten und Repräsentation agieren meist im Hintergrund. Sie pflegen interkommunale Beziehungen, sorgen sich um Städtepartnerschaften, Ehe- und Altersjubiläen, verfassen Glückwunsch- und Kondolenzschreiben. Bekommt ein Bürger einen Orden, ist das Protokoll beteiligt. Und ebenso, wenn eine Flagge am Rathaus gehisst wird. Führungen und das Vorbereiten von Ausstellungen im Rathaus und Vermieten von Sitzungsräumen gehören mit dazu. „Es ist ein bunter Blumenstrauß von Aufgaben“, fasst Dehne zusammen.
Vertritt der erste Bürger der Stadt oder einer seiner Vertreter Essen offiziell im Ausland, ist meistens auch jemand vom Protokoll mit dabei. Er hat stets einen Rat parat, wenn es um Händeschütteln oder die Anrede gekrönter Häupter, Staats- und Regierungschefs geht. Und ebenso, wenn ein Staatsgast nach Essen kommt. Heißt’s Ihre oder Eure Majestät, Frau Prinzessin, Hoheit oder Hochwohlgeboren? Diese Frage wird sich wohl erneut nächste Woche stellen, wenn die schwedische Kronprinzessin Victoria mit ihrem Gemahl Prinz Daniel in Essen weilt. Und wie werden die zwei nun korrekt angesprochen? „Königliche Hoheit oder formeller Ihre königliche Hoheit“, sagt Kerstin Uredat, die auch Einbürgerungsfeiern plant. Vieles sei mittlerweile Routine. Wie es im Detail läuft und welche landesspezifischen Gepflogenheiten es zu beachten gilt, teilen die jeweiligen Staatskanzleien, Ministerien und Botschaften mit.
„Staatsbesuche von diesem Format sind das Salz in der Suppe. Minister und Botschafter kommen dafür alle Nase lang – und meistens bekommen’s die Bürger gar nicht mit“, weiß Dehne. Zeitgeschichte mit erleben und hautnah dabei zu sein, das macht den Job beim Protokoll für ihn aus. „Darum beneiden mich manche Freunde und Kollegen.“
Ein Höhepunkt für seine Kollegin Brigitta Franzkowiak war der Papstbesuch von Johannes Paul II. im Jahr 1987. „Damals waren wir ebenfalls mit eingebunden. Es war schon ein ganz tolles Erlebnis, als der Papst damals mit dem Helikopter im Grugastadion landete.“ Auch an den EU-Gipfel vor zwanzig Jahren erinnern sich die Mitarbeiter vom Protokoll noch gut. „So aufwändig wie dieser Gipfel war keine andere Veranstaltung für uns“, meint Thomas Glup.
Dehne und seine Kollegen kommen in ihrem Job selten ins Schwitzen, bis auf wenige Ausnahmen, wie einmal bei einer sehr wichtigen Eintragung ins Stahlbuch: „Wir hatten den teuren Füllfederhalter, den Löscher und den Füllerhalter bereits einen Tag zuvor angeliefert, wohin verrate ich aber nicht. Als es soweit war und sich die Staatsgäste in das Stahlbuch eintragen sollten, war der Füller plötzlich weg. Jemand hatte ihn gestohlen.“ Seither habe das Protokoll immer einen Ersatzfüller dabei. „Und wir bringen nichts mehr vorher irgendwo hin“, sagt Uredat. Nie würde sie auf die Idee kommen, das Stahlbuch der Stadt aus der Hand zu geben. „Es ist unser größter Schatz und es verlässt die Stadt auch nicht. Wo auch eine Stahlbucheintragung in Essen stattfindet, einer ist immer beim Buch. Denn wenn es jemals weg kommen würde, da bin ich mir sicher, malt der Verantwortliche ab diesem Zeitpunkt nur noch Tempo-30-Schilder“, meint Rainer Dehne.
Goldene Amtskette des Oberbürgermeisters
Gleiches gilt für die goldene Amtskette der Essener Oberbürgermeister, die gut gesichert in einem stählernen Safe im Rathaus verwahrt wird. Einmal, erinnert sich Dehne, war sie nicht jedoch dort – sondern bei ihm zu Hause unterm Bett. „Die damalige OB Jäger hatte mich gebeten, die wertvolle Kette zur Amtseinführung von Bischof Luthe in den Saalbau mitzubringen. Es ging nicht anders, als sie übers Wochenende mitzunehmen“, so Dehne. Geschlafen habe er in dieser Nacht nicht. „Unter Schal und Mantel habe ich die Amtskette am Sonntagmorgen getragen – und zur OB in den Saalbau gebracht“, erinnert sich der Protokollchef gut.
Ausreißer wie diese sind am Mittwoch, wenn das Kronprinzenpaar kommt, nicht geplant. Und wenn etwas schief geht? Dehne: „Wir haben immer einen Plan B und C parat.