Essen. Der Essener Konzern Thyssen-Krupp wollte in der Schienenkartell-Affäre von seinem ehemaligen Bereichsvorstand Uwe Sehlbach 193 Millionen Euro Schadensersatz. Das Arbeitsgericht Essen gab jetzt dem Ex-Manager Recht. Das Unternehmen prüft nun weitere juristische Schritte.

Wäre es eine sportliche Auseinandersetzung, stünde es 1:0 für Uwe Sehlbach: In der juristischen Aufarbeitung des Schienenkartells hat Thyssen-Krupp jetzt eine Niederlage im bislang prominentesten Fall einstecken müssen. Das Arbeitsgericht Essen wies die Klage des Konzerns gegen den früheren Bereichsvorstand zurück. Sehlbach (56) ist in Essen seit 2010 vor allem in seiner Funktion als 1. Vorsitzender des prominenten Sportvereins Etuf bekannt. Bei Thyssen-Krupp war er zuletzt zuständig für den Geschäftsbereich Material Services und somit auch für die ins Kartell verwickelte Tochter GfT Gleistechnik. Mitte 2011 musste Sehlbach auf Druck der Konzernspitze seinen Posten räumen.

Wie erst jetzt öffentlich wurde, hatte das Essener Arbeitsgericht sein Urteil bereits am 19. Dezember 2013 verkündet, wie eine Sprecherin am Dienstag bestätigte. Demnach hat Thyssen-Krupp seinen Ex-Manager auf 193 Millionen Euro Schadensersatz verklagt. Sehlbach soll offensichtlich für alle Schäden aufkommen, die Thyssen-Krupp wegen des Schienenkartells entstanden sind. Sehlbachs Anwalt, Andreas Lotze, nannte dieses Vorgehen und die gewaltige Summe „schon ungewöhnlich“ und bislang einmalig.

Die illegalen Preisabsprachen, die es zwischen der GfT Gleistechnik dem österreichischen Konkurrenten Voestalpine und anderen Stahlfirmen über Jahre hinweg gegeben hatte, waren im Frühjahr 2011 aufgeflogen. Der Konzern musste anschließend insgesamt über 190 Millionen Euro Kartellstrafe zahlen. Während Thyssen-Krupp Uwe Sehlbach für eine Schlüsselperson in dem Kartell hält und ihn 2012 verklagte, bestreitet dieser die Vorwürfe vehement: „Ich war weder beteiligt, noch hatte ich Kenntnis davon“, betonte Sehlbach am Dienstag gegenüber der WAZ. Auch das Arbeitsgericht habe keinen Beleg dafür gesehen. Den Informationen nach hatten Mitarbeiter mit ihren Aussagen Sehlbach belastet. Er vermutet jedoch, dass sie sich damit selbst Entlastung erhofften.

Thyssen-Krupp geht wahrscheinlich in die Berufung

Thyssen-Krupp schließt unterdessen eine Revision vor dem Landesarbeitsarbeitsgericht nicht aus. „Wir werden das schriftliche Urteil sorgfältig prüfen. Nach dem Verlauf der mündlichen Verhandlung erscheint eine Berufung aber sehr wahrscheinlich, um den komplexen Sachverhalt und die Würdigung der Argumente noch einmal intensiv überprüfen zu lassen“, erklärte ein Konzern-Sprecher lediglich. Man könnte daraus den Vorwurf lesen, dass sich das Arbeitsgericht aus Sicht des Konzerns zu wenig tiefgründig mit der Materie befasst hat. In drei bis vier Wochen, so das Arbeitsgericht, soll die schriftliche Begründung des Urteils vorliegen.

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Uwe Sehlbach wäre natürlich zufrieden, wenn das Verfahren schon mit dem Essener Urteil beendet wäre. „Aber ich bin auch gerüstet und zuversichtlich, wenn der Fall weiter geht.“