Essen. Der Jugendbuchbestseller „Tschick“ ist auch auf den Bühnen ein Riesenerfolg. In der Casa des Schauspiels Essen wird die Geschichte von Wolfgang Herrndorf jetzt mit Goldrand gezeigt . Ein Probenbesuch

Ein literarisches Erbe zu verwalten, das ist am Theater eigentlich eine übliche Aufgabe. Aber bei „Tschick“, diesem Jugendbuch-Bestseller und Bühnenrenner von Wolfgang Herrndorf ist dann doch alles ein bisschen anders. Weil „Tschick“ den Anfang und auch das Ende einer besonderen Karriere markiert. Die Karriere eines Autors, der lange auf den Durchbruch gewartet hat und dann viel zu früh an einem Hirntumor unheilbar erkrankte. Jana Milena Polasek kann sich noch gut an den 27. August erinnern, als bekannt wurde, dass Herrndorf seinem Leben in Berlin mit einem Kopfschuss ein Ende gesetzt hat. Und sie erinnert sich an den ersten Gedanken: „Es hat den Auftrag und die Sehnsucht, die Geschichte zu erzählen, noch vergrößert.“ Am Sonntag, 15. Dezember, hat „Tschick“ in der Casa des Schauspiels Essen Premiere.

Es ist das Stück der Saison, wird an Dutzenden Bühnen zwischen Aachen und Augsburg gespielt. Ein Jugendstück, das sich doch nicht um jeden Preis hip geben will, weder im Ton, noch im Thema. Ein Stück über Freundschaft, Liebeskummer, Erwachsenwerden und eine ungewöhnliche Selbstfindungs-Reise. Im Roman juckeln die jugendlichen Helden Tschick und Maik dabei mit einem blauen Lada und Richard Claydermans „Gold Collection“ in die Walachei.

Schlosssaal mit Goldstuhl und Riesenballon

In der Casa wird aus der ostdeutschen Provinz ein Königreich. Für Regisseurin Jana Milena Polasek und Bühnenbildnerin Stefanie Grau ist Herrndorfs Geschichte nämlich vor allem eine große, alles verändernde Reise ins Reich der Phantasie. Und deshalb gleicht die Bühne auch einem glänzenden Schlosssaal mit Goldstuhl und Riesenballon. Mittendrin Jörg Malchow als „Siedlungs-Asi“ Tschick und Tobias Roth als Klassen-Außenseiter Maik. Zwei 14-Jährige, die von Mädchen wie Tatjana träumen, von Abenteuern und der großen Freiheit, und dabei in Essen wie Edelmänner auftreten.

Ein Stück für Menschen ab 14 Jahren

Die Premiere und weitere Vorstellungen von „Tschick“ sind bereits ausverkauft. Karten gibt es wieder ab 25. Januar und 8./9. Februar. Tickets: 8122-200.

Die Bühnenfassung von „Tschick“ hat Dramaturg Robert Koall geschrieben, ein Freund von Wolfgang Herrndorf. Zielpublikum: Jugendliche ab 14 Jahren.

Wolfgang Herrndorf hat neben „Tschick“ noch den Roman Sand geschrieben. Gerade sind seine bewegenden Tagebucheinträge unter dem Titel „Arbeit und Struktur“ erschienen. Darin hat er sich mit dem Verlauf seiner Krebskrankheit beschäftigt.

Malchow und Roth haben auf der Casa-Bühne viel zu tun, schließlich müssen sie nicht nur enorme Erzählpassagen bewältigen, sondern auch noch fast all die anderen Nebenfiguren übernehmen, denen die beiden auf ihrer Reise begegnen. Friedemann, Fricke, der angehimmelten Tatjana, die für Sängerin Beyoncé schwärmt, aber leider nicht für Maik. Und dann ist da auch noch das geheimnisvolle Mädchen Isa.

Den Lada braucht es da so wenig wie irgendwelche szenischen Bezüge aus der Provinz, findet Stefanie Grau. Es gehe um das zentrale Gefühl, das man bei der Lektüre bekomme. Dass da zwei auf ihrer großen Reise völlig abheben, losgelöst vom Alltag. „Das, was im Kopf entsteht, ist viel größer.“ Viele Schulklassen werden die Inszenierung sehen, die ganz der Poesie, der Melancholie und dem unangestrengten Sprachwitz Herrndorfs folgen will.

„Da überwiegt die Lebenslust“

Dieser selbstverständliche, unpathetische Ton, den Herrndorf auch in seinem Internet-Blog „Arbeit und Struktur“ angeschlagen hat, der helfe auch bei der Arbeit mit dem Stück, sagt Jana Milena Polasek. Als Tschick auf den Spielplan kam, war schließlich noch nicht klar, dass es eine postume Inszenierung wird. „Ich habe gedacht, dass es die Proben mehr beeinflusst“, sagt Polasek. Aber am Ende geht es doch um die Jungs, „da überwiegt die Lebenslust.“