Oberhausen. . Der Lada und die Liebe: Das Theater Oberhausen zeigt Wolfgang Herrndorfs gefeierte Road-Novel „Tschick“. Die Inszenierung führt am Kanal entlang zum Niederrhein-Stadion und erzählt mit Vollgas vom Erwachsenwerden.

Ein Binnenschiff tuckert vorbei. Mädchen in Badeanzügen kreischen. Zwei Jungs in einem alten roten Wagen lassen die Reifen quietschen. Ein typischer Sommerabend an Oberhausens Rhein-Herne-Kanal, eine melancholische Revier-Inszenierung: die ganze Welt ist Bühne. Und so merken die Angler in ihren Tarnfarben-Hosen erst im letzten Moment, dass der rote Wagen Teil einer ganz anderen Inszenierung ist. Weil sich da plötzlich hinter ihnen ein Pulk von Zuschauern formiert, die mit dicken schwarzen Kopfhörern dem Lada lauschend auf den Felgen bleiben.

„Tschick“, die gefeierte Road-Novel von Wolfgang Herrndorf, inszeniert Regisseur Karsten Dahlem vom Theater Oberhausen für alle Menschen ab zwölf: ein im Doppelsinn bewegender Abend.

Im – natürlich geklauten – Lada sitzen Tschick (Sergej Lubic) und Maik (Eike Weinreich). Im Roman reisen sie gen Osten „in die Walachei“, hier nun am Kanal entlang bis ins Niederrheinstadion. Tschick heißt Andrej Tschichatoschow und hat gelegentlich eine Alkoholfahne, er ist neu in der 8 b. Ein Außenseiter ebenso wie der brave Maik, dessen Mutter in der „Beautyfarm“ auf Entzug geht, während sein Vater mit der Sekretärin auf „Geschlechts-, ähhh, Geschäftsreise“ geht.

Klamauk, schrille Kostüme, überdrehtes Herumgehopse

Diese Ausgangslage schreit geradezu nach einer Flucht mit Vollgas. Im Herrndorfs lakonischem Roman ist Tschicks Wagen zart hellblau, das übersteuerte Oberhausener Rot passt hingegen zum Konzept. Der Klamauk, die schrillen Kostüme, das überdrehte Herumgehopse könnte sich aber bei den zahlreichen Vormittags-Vorstellungen als nützlich erweisen: wenn es gilt, ganze Klassen in den Bann zu schlagen.

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In den nahezu unendlichen Weiten des Stadionrasens treffen die Jungs schließlich auf Isa (Angela Falkenhahn). Sie lenkt Maik von seiner unglücklichen Liebe zur Klassenschönheit Tatjana ab. In diesen zarten, kleinen Momenten rückt das Stück ganz nah ans echte Leben: Erwachsenwerden ist ja sogar noch komplizierter, als einen verrosteten Lada auf die Autobahn zu steuern.