Essen. . OB Reinhard Paß hat einen Aufhebungsvertrag mit Ex-EBE-Chef Klaus Kunze unterzeichnet, der Kunze pauschal von möglichen Rückzahlungs-Ansprüchen befreite. Nun rudert die Stadt zurück. Kunze war zurückgetreten, weil er „diffamiert und bloß gestellt“ gefühlt hatte.
Die Affäre bei den Entsorgungsbetrieben Essen (EBE) um mutmaßliche Vorteilsnahme und Begünstigungen ist nach wie vor voller offener Fragen und reich an Merkwürdigkeiten. Eine weitere gesellt sich dazu, in Form eines Auflösungsvertrages, den Oberbürgermeister Reinhard Paß in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der EBE mit deren Geschäftsführer Klaus Kunze geschlossen hat. Zur Erinnerung: Kunze hatte die Brocken zum 30. September hingeschmissen und den Oberbürgermeister um die Aufhebung seines Anstellungsvertrages gebeten, weil er sich durch die Vorwürfe, die der private Mitgesellschafter der EBE auch und vor allem gegen seine Person erhoben hat, „diffamiert und bloß gestellt“ sah.
In dem zweiseitigen Schriftstück sind sich Paß und Kunze ausweislich ihrer Unterschriften darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis des Geschäftsführers zum 31. Dezember 2013 ausläuft. So weit, so gut. Für Erstaunen sorgt jedoch die in Paragraph 6 des Vertragswerkes formulierte Vereinbarung.
Wörtlich heißt es dort: „Mit den Regelungen dieses Vertrages sind alle gegenseitigen Ansprüche (...), gleichgültig auf welchem Rechtsgrund sie im Einzelnen beruhen mögen, vollständig abgegolten.“
Kurz gesagt: Was immer am Ende der Affäre an Belastbarem übrig bleiben sollte, die EBE will von Kunze nichts - auch keinen Ersatz für etwaigen Schaden, sollte er denn entstanden sein.
Auch interessant
Erstaunlich ist der wohl für juristische Laien leicht verständliche Passus des Vertrages deshalb, weil er im Oktober signiert wurde (an welchem Tag des Monats lässt der Vertrag offen). Die Staatsanwaltschaft war da durch Berichte in der WAZ und anderen Medien längst auf die Affäre aufmerksam geworden und hatte bei der Stadt jene Schriftstücke angefordert, in denen Remondis die mutmaßlichen Verwerfungen bei der EBE detailliert auflistet.
Was hat den OB und EBE-Aufsichtsratsvorsitzenden veranlasst, besagtes Schriftstück zu unterzeichnen? In Kreisen der Politik spricht man von einem „Persilschein“, den Paß für seinen alten Freund Klaus Kunze ausgestellt habe.
Dass dieser Eindruck womöglich entstehen könnte, ist offenbar auch jenen aufgegangen, die für den Vertrag verantwortlich zeichnen, in letzter Konsequenz also der Oberbürgermeister. So stellen es EBE-Interimsgeschäftsführer Andreas Hillebrand und Stadtsprecherin Nicole Mause auf Nachfrage dar. „Die Passage ist obsolet“, betont Nicole Mause in Anspielung auf besagte Verzichtserklärung. EBE-Chef Hillebrand spricht von einem nicht abgestimmten Vertragsentwurf. Warum dieser die Unterschriften des OB und die Kunzes trägt, bleibt rätselhaft. Vorerst offen bleibt auch, ob der Vertrag bereits geändert wurde, was das Einverständnis Kunzes voraussetzen würde, oder ob er noch geändert werden soll, womit sich zu den vielen Merkwürdigkeiten in der EBE-Affäre eine weitere gesellt.