Essen. . Auszeichnung des Initiativkreises Ruhrgebiet wird verliehen an Institutionen, die ihre Mitarbeiter besonders fördern. Der Verein für Kinder- und Jugendarbeit in sozialen Brennpunkten (VKJ) beschäftigt eine Kita-Leiterin, die einst im Programm „Arbeit statt Sozialhilfe“ anfing.
Vor 13 Jahren bekam Claudia Bartsch „Arbeit statt Sozialhilfe“. Sie fing als Kinderpflegerin an, das war damals die einfache Version von „Erzieherin“. Ihr Arbeitgeber heißt Verein für Kinder- und Jugendarbeit in sozialen Brennpunkten (VKJ). Heute ist Claudia Bartsch Kita-Leiterin in Altenessen und – ein Vorzeigetalent.
„Da musste ich schon schlucken“, erzählt sie von dem Moment, als sie diese Woche bei der Verleihung des „Talent-Awards“ des Initiativkreises Ruhr die Bühne im Thyssen-Krupp-Quartier entern musste. Ausgezeichnet wurde nicht sie selbst, sondern ihr Geschäftsführer Oliver Kern für die Talentförderung im eigenen Hause.
Gemeint sind damit die eigenen Mitarbeiter – wie Claudia Bartsch. Ihre Geschichte begann nach der außerbetrieblichen Ausbildung zur Kinderpflegerin. Für die Schonnebeckerin stellte sich diese Ausbildung als Sackgasse heraus.
„Ich habe mich bestimmt 40 Mal beworben, bis das Angebot ,Arbeit statt Sozialhilfe’ beim VKJ kam. Nein, schön war das nicht“, sagt die heute 32-Jährige.
Kinderbildungsgesetz machte Strich durch die Rechnung
Doch obwohl sie am liebsten auf dem Absatz kehrt gemacht hätte, als sie das Flüchtlingsheim an der Bocholder Flözstraße zum ersten Mal sah, in dem die Kindergruppe untergebracht war, fing sie ziemlich schnell Feuer.
Schon sechs Monate später bekam sie ein Angebot für eine Festanstellung in einer anderen VKJ-Kita in Freisenbruch.
„Ich war 20, damals hätte mir das völlig ausgereicht“, sagt sie heute. Doch das neue Kinderbildungsgesetz Kibiz machte ihr und allen Kinderpflegerinnen 2008 einen Strich durch die Rechnung: Weiterbildung zur Erzieherin oder Kündigung, das stand auf dem Programm.
„Ich musste seit 2009 neben dem Beruf drei Jahre lang zwei bis drei Mal in der Woche zur Abendschule. Dazu kamen noch die Prüfungen“, berichtet Claudia Bartsch. Die Abbrecherquoten waren damals hoch, in manchen Kursen bis zu 30 Prozent. Genau an diesem Punkt waren im ganzen Land die Arbeitgeber gefordert. Zehn Tage Extraurlaub im Jahr für die Ausbildung – gesetzlich verpflichtend wären acht in drei Jahren gewesen – halfen den VKJ-Kandidaten enorm weiter. Hinzu kam viel Beratung und Unterstützung während der harten Zeit und bei Rückschlägen. Doch der wichtigste Punkt war wohl die Bereitschaft des VKJ, die Fehlstunden auf den Rücken der Kolleginnen in den anderen Kitas des Trägers gleichmäßig zu verteilen.
Der Talent-Award Ruhr
Der Talent-Award Ruhr des Initiativkreises Ruhr/Talent Metropole Ruhr wurde jetzt zum ersten Mal vergeben.
Ausgezeichnet wurden Talentförderer in den Bildungsstufen Vorschule, Schule, Ausbildung und Hochschule. Der VKJ ist der einzige Preisträger aus Essen. Aktuell 640 vom VKJ getragene Weiterbildungen im Jahr für 200 Mitarbeiter waren dabei einer der Gründe, die die Juroren für außergewöhnlich gehalten haben.
VKJ-Geschäftsführer Oliver Kern erinnert sich: „Das Schwierigste war, dafür die Akzeptanz bei unseren Mitarbeitern zu schaffen. Ganz klar, das war damals die Gesamtleistung des Teams“, stellt er fest: „Aber es hätte doch auch gar nicht zum Leitgedanken unseres Vereins gepasst, Talente bei den Kindern zu fördern, wenn wir nicht bei den Mitarbeitern anfangen.“
Die Mitarbeiter mussten mitspielen
Claudia Bartsch ist heute sehr froh darüber, wie es gelaufen ist. Als die Leiterin „ihrer“ Kita an der Hundebrinkstraße für ein Jahr in die Mutterzeit ging, hat sie sich einfach beworben. Parallel wird sie derzeit weiter für die erweiterten Aufgaben trainiert.
Und wenn in einem Jahr die Kollegin aus der Elternzeit zurückkehrt, dann findet sie sicher in einem der vielen VKJ-Häuser eine neue Aufgabe.
Schließlich ist man ja im Verein eben erst für die Talentförderung ausgezeichnet worden.
Haus der kleinen Füße