Essen. Die Langzeitarbeitslosigkeit in der Stadt verfestigt sich. Mittlerweile sind fast 44.000 Haushalte auf Hartz IV angewiesen. Dabei hatte die Stadt gehofft, die Zahl deutlich senken zu können, um Kosten zu sparen. Der Unternehmensverband aber vermutet: Vielen fehlt mittlerweile die Motivation zu arbeiten.

Die Langzeitarbeitslosen in Essen werden immer weiter abgehängt. Ihre Zahl steigt. Obwohl die Stadt Essen vor fast zwei Jahren die Betreuung und Vermittlung der Hartz-IV-Empfänger in die eigene Hand genommen hat, ist von dem erklärten Ziel, die Langzeitarbeitslosigkeit deutlich zu senken, noch nichts zu spüren. „Es dauert länger, als wir gedacht haben“, räumte Sozialdezernent Peter Renzel ein.

So ist die Zahl der Haushalte in Essen, die von Hartz IV leben, im Vergleich zum Vorjahr weiter gewachsen. Ende des Jahres werden es laut Prognose knapp 44.000 so genannte Bedarfsgemeinschaften sein, rund 1300 mehr als 2012. Damit muss die Stadt dieses Jahr auch insgesamt mehr Geld für Unterkunft und Heizung zahlen. Sie rechnet mit einem Anstieg der Zuschüsse um rund zehn Millionen auf knapp 137 Millionen Euro.

70 Prozent bekommen Hartz IV schon ein jahr und länger

In Essen gibt es derzeit über 61.100 erwerbsfähige Leistungs-Berechtigte. Das Besorgniserregende: Von ihnen bekommen über 70 Prozent schon mindestens ein Jahr lang Hartz IV, mehr als jeder Zweite sogar schon vier Jahre und länger.

Diese Menschen wieder in den Arbeitsmarkt zu bringen, ist besonders schwer. „Bei der Hälfte dürfte es ein Motivationsproblem sein. Viele zeigen nicht die notwendige Flexibilität“, sagte Ulrich Kanders, Hauptgeschäftsführer des Essener Unternehmensverbandes (EUV).

Einen weiteren Grund, warum sich in Essen die Langzeitarbeitslosigkeit weiter verfestigt hat, sieht Kanders in der Struktur des Arbeitsmarktes: Essen habe viele Dienstleistungsarbeitsplätze für qualifizierte bis hoch qualifizierte Fachkräfte. Dagegen gebe es zu wenige Jobs im gewerblichen Bereich, die eher für Geringqualifizierte geeignet seien. Doch für Fortbildung und Ein-Euro-Jobs hatte das Jobcenter dieses Jahr deutlich weniger Geld vom Bund zur Verfügung. Schon vergangenes Jahr waren es wegen der Mittelkürzungen 1600 Plätze weniger gewesen, dieses Jahr sah es nicht besser aus, so Renzel.

Auch deutlich mehr Aufstocker

Er verweist zwar darauf, dass das Jobcenter die Zahl der Arbeitsvermittlungen gegenüber 2012 gesteigert hat, allerdings gibt es einen enormen „Drehtüreffekt“: 42 Prozent der Arbeitslosen, die einen Job gefunden haben, sind nach spätestens einem Jahr wieder arbeitslos und landen meist wieder im Hartz-IV-Bezug. „Gerade bei Menschen ohne Schulabschluss oder Ausbildung fällt uns die Vermittlung immer schwerer“, sagt Renzel.

Eine weitere Entwicklung, die die Stadt aber auch die Gewerkschaften mit Sorge betrachten, ist die Zunahme der Aufstocker, also derjenigen, deren Arbeitseinkommen nicht ausreicht und die deshalb zusätzlich Hartz IV erhalten. Ihre Zahl stieg seit 2009 um über zehn Prozent auf fast 13.400 Betroffene. „Der Niedriglohnsektor in der Stadt wächst“, so Renzel.