Essen. Die Brasilianerin Rossana Luisa Szalaty kam nach Deutschland, um zu heiraten. In ihrer Heimat war die Juristin Abteilungsleiterin bei einer Bank. In Deutschland stand sie beruflich vor dem Nichts, weil ihr Studium nicht anerkannt wurde. Jetzt erhält die 38-Jährige eine neue Chance.

2006 kam Rossana Luisa Szalaty nach Deutschland. Im Internet hatte die Brasilianerin einen deutschen Techniker kennengelernt. Die Juristin, die damals bei einer brasilianischen Bank als Abteilungsleiterin für Vermögensberatung zuständig war, gab ihren Beruf auf, ließ ihre Eltern, Geschwister und einen großen Freundeskreis zurück, um tausende Flugkilometer von ihrer Heimat entfernt zu heiraten.

In ihrem neuen Leben angekommen, musste sie feststellen, dass ihr Studium, ihre jahrelange Berufserfahrung hier nichts mehr wert waren. Die ehemalige Bankerin, die schnell Deutsch lernte, arbeitete schließlich als Verkäuferin bei Lidl, viereinhalb Jahre lang. Bis ihr Mann in der Zeitung etwas über das „Pro Salamander“-Programm las.

Für Rossana Luisa Szalaty ein großer Glücksfall, der ihrem Leben noch einmal eine neue Wendung gab. „Es wird so viel über die globalisierte Welt gesprochen. Deutsche Unternehmen werben Akademiker im Ausland an, um dem Fachkräfte-Mangel entgegenzuwirken. Ich, die ich privat nach Deutschland kam, musste erleben, dass für mich beruflich hier alle Türen zu waren, obwohl ich viel zu bieten habe. Es gab nur Absagen.“

Bei „Pro Salamander“, von der Essener Stiftung Mercator finanziert, hat man die Brasilianerin nicht abgewiesen. Das Programm will aus dem Ausland zugewanderten Akademikern durch eine Nachqualifizierung an der Hochschule zu besseren Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt verhelfen.

Dank „Pro Salamander“ studiert Rossana Luisa Szalaty, mit einem Stipendium, jetzt an der Uni Duisburg-Essen Betriebswirtschaftslehre. Im Sommer nächsten Jahres wird sie ihren Bachelor-Abschluss machen. Und hofft, dann vielleicht wieder als Finanzberaterin bei einer Bank arbeiten zu können. „Ich könnte mir aber auch vorstellen, zu Lidl zurückzukehren, etwa als Vertriebsleiterin.“

„Da hieß es einfach: Das interessiert uns nicht“

Rückblickend betont die 38-Jährige, dass sie es verstehe, wenn sie einen Job nicht bekomme, für den sie nicht qualifiziert sei. „Aber wenn ich dafür nicht infrage komme, weil ich nicht in Deutschland geboren wurde, habe ich damit ein Problem.“ Die Brasilianerin, die mit ihrem Mann in Bergkamen lebt, würde sich wünschen, dass die beruflichen Hürden für Menschen wie sie hierzulande nicht so hoch wären. „Wenn einem hier Netzwerke aus der Schulzeit, aus dem Studium fehlen, ist es verdammt schwierig.“

Bei der Agentur für Arbeit habe man ihre beruflichen Unterlagen noch nicht einmal richtig angesehen. „Da hieß es einfach: ,Das interessiert uns nicht. Sie müssen eine neue Ausbildung machen.’“ Während ihrer Zeit bei Lidl hat sie die auch gemacht. Parallel zu ihrer Arbeit schaffte sie bei der IHK einen Abschluss als Wirtschaftsfachwirtin. „Ich wollte mir nicht nachsagen lassen, ich hätte hier nicht alles versucht.“

Hilfsprogramm "Pro Salamander" für ausländische Akademiker 

„Pro Salamander“ hilft ausländischen Akademikern: Das Programm läuft bis 2015 an den Universitäten Duisburg-Essen und Regensburg.

Diplom-Ingenieure, die Taxi fahren, Lehrerinnen, die ihr Geld als Putzhilfen verdienen – wer im Ausland geboren wurde und dort einen Hochschul-Abschluss gemacht hat, hat in Deutschland häufig das Problem, keine Arbeit zu finden, die der eigenen Qualifikation entspricht. Dies, wenn der Studienabschluss hierzulande formal oder auch faktisch am Arbeitsmarkt nicht anerkannt wird.

Hier will das Programm „Pro Salamander“ helfen. Das Projekt ist zunächst an den Universitäten Duisburg-Essen und Regensburg auf vier Jahre angelegt und endet 2015. Finanziert wird es mit 2,5 Millionen Euro von der Stiftung Mercator. Zum Wintersemester haben 23 Stipendiaten an der Uni Duisburg-Essen ihr Studium in den Wirtschafts- und Ingenieurwissenschaften zur weiteren Qualifizierung aufgenommen.

Vorher wurde bei jedem Bewerber, jeder Bewerberin individuell geprüft, welche im Ausland erworbenen Studien-Leistungen anerkannt werden können und wo ein Nachqualifizierungs-Bedarf besteht. Hilfe gibt es außerdem bei sprachlichen Problemen. Nach 12 bis 18 Monaten können die Stipendiaten in der Regel den deutschen Bachelor- oder Master-Abschluss erwerben.

Projektleiterin Katharina Jacob an der Uni Duisburg-Essen würde sich über „mehr Kontakte zu Unternehmen“ freuen. „Dies wäre eine weitere Möglichkeit, um unseren Absolventen den Einstieg ins Arbeitsleben zu erleichtern.“