Essen. . In einem schlechten Zustand ist eine 86-jährige Frau in eine Arztpraxis in Essen-Burgaltendorf gekommen. Die alte Dame war verwirrt und hatte einen sehr hohen Blutdruck. Die Ärztin vermutete einen Schlaganfall und ließ über die 112 einen Rettungswagen rufen. Die Arzthelferin bekam aber niemanden ans Telefon.
Der Vorfall liegt eine Woche zurück: Martina Denis war am 5. November mit ihrer 86-jährigen Mutter morgens in die Gemeinschaftspraxis Ruhr in Burgaltendorf gekommen. Die alte Frau war verwirrt, schwindelig, hatte einen sehr hohen Blutdruck. „Sie war nicht mehr in der Lage, sich auf den Beinen zu halten“, beschreibt die Tochter den besorgniserregenden Zustand der alten Frau. In der Arztpraxis hatte die behandelnde Medizinerin einen Verdacht auf einen Schlaganfall. Arzthelferin Tanja Wegner versuchte nach eigenen Angaben ab 8.45 Uhr über die Notrufnummer 112 einen Rettungswagen zu rufen, der die Patientin in eine Klinik bringen sollte. „Ich habe das drei- bis viermal versucht, ohne Erfolg“, sagt die 41-Jährige.
Schließlich, so Wegner, habe sie nach etwa 20 Minuten die Notrufnummer 110 der Polizei angewählt. Diese habe dann einen Rettungswagen bestellt. „Der kam dann auch nach fünf, sechs Minuten“, erzählt Wegner, selbst ausgebildete Rettungsassistentin, die den ganzen Ablauf „erschreckend“ findet. Sie fügt hinzu, dass ihr dies in der Arztpraxis zwischen Anfang Oktober bis Anfang November bei der Wahl der 112 insgesamt dreimal passiert sei.
Auch die Tochter der 86-Jährigen hat das Erlebte mitgenommen: „Meine Mutter hat in der Arztpraxis laut gestöhnt. Ihr ging es wirklich ganz schlecht.“ Zum Glück habe sich der Verdacht auf einen Schlaganfall im Krankenhaus Kupferdreh dann nicht bestätigt. „Der Zustand meiner Mutter wurde dadurch verursacht, dass sie vergessen hatte, ihre Medikamente zu nehmen.“ Als die alte Dame nach zwei Tagen aus der Klinik entlassen werden konnte, musste sie feststellen, dass in der Zwischenzeit in ihr Zuhause eingebrochen worden war. „Die Diebe hatten die Terrassentür aufgehebelt. Das alles hat sie wieder sehr heruntergezogen“, schildert Martina Denis.
„Dieser Notfall liegt mehr als zwei Wochen zurück“
Notrufe, die ins Leere laufen, wie kann so etwas sein? Mike Filzen, Sprecher der Essener Feuerwehr, hat hierfür keine Erklärung: „Das Entgegennehmen eines Notrufes hat in der Leitstelle der Feuerwehr oberste Priorität. Außerdem wird jedes Anwählen der 112 minutiös dokumentiert und die Rufnummer ebenfalls aufgezeichnet.“ Dies selbst dann, wenn der Anrufer seine Nummer unterdrücke. Filzen: „Nach Auswertung der Protokolle steht eindeutig fest: Vom angegebenen Anschluss der Arztpraxis ist die 112 am 5. November nicht gewählt worden.“ Selbstverständlich würden alle Notrufleitungen auch auf eine Störung hin überwacht. Der Ausfall einer Leitung werde in jedem Fall signalisiert. „Ein Eintrag mit der Rufnummer der Arztpraxis in Burgaltendorf gibt es. Allerdings liegt dieser Notfall mehr als zwei Wochen zurück.“
Arzthelferin Tanja Wegner versteht das nicht. „Warum sollte ich die Polizei anrufen, wenn ich über die 112 sofort jemanden erreiche?“
Die Essener Feuerwehr verfügt laut Sprecher Mike Filzen über 18 Notruf-Plätze. Komme ein Anruf nicht durch, werde dieser automatisch nach zwei Minuten getrennt. Filzen erklärte sich gegenüber unserer Zeitung bereit, in der Burgaltendorfer Praxis den Notruf selbst auszuprobieren.