Essen. . Als harmloser Hilfsverein getarnt, versuchte eine salafistische Bewegung, einen Partyraum in Essen anzumieten. Als die mutige Betreiberin den Mietvertrag stornierte, bekam sie Drohanrufe. Am Sonntag will die Polizei an der Location präsent sein. Der Verein “Helfen in Not“ hat derweil umgeplant - nun soll die “Hilfsgala“ in Herne stattfinden.
Der Vereinsname klang vertrauenswürdig, sein Anliegen wohltätig – und so war Tülay Koca gern bereit, „Helfen in Not“ ihre Räumlichkeiten im Westviertel zu vermieten. Im „Prenses Palace“ finden sonst Abi-Bälle und Hochzeitsfeiern statt, nun sollte es eine Benefiz-Veranstaltung für notleidende Muslime in aller Welt sein. Doch zwei Wochen nachdem der Mietvertrag unterschrieben war, bekam Tülay Koca Besuch von der Kriminalpolizei: „Die eröffneten mir, dass hinter dem Hilfsverein radikale Salafisten stecken.“
Hüpfburg und Geschlechtertrennung
Es war ein Schock für die Geschäftsfrau, zumal der zweifelhafte Veranstalter längst im Internet für die Feier warb: am Sonntag, 29. September, – im Prenses Palace. Neben Grillstation und Kinderfest wurden da strikte Geschlechtertrennung und stündliche Vorträge bekannter Prediger angepriesen. Motto: Hüpfburg und Abu Hamza. „Ich bekam zig Mails von Bekannten, die mich darauf hinwiesen, welche Hetzprediger für Helfen in Not in Dortmund aufgetreten waren. Ein Kunde sagte mir deswegen auch ab.“ Für Tülay Koca stand sofort fest, dass sie die Veranstaltung stornieren wurde; um keinen Ärger zu bekommen, sicherte sie sich vorher juristisch ab.
Eklat 2011: Graue Wölfe feiern in der Grugahalle
Für Empörung sorgte Ende 2011, dass die Grauen Wölfe die Grugahalle anmieten durften. Messe-Chef Egon Galinnis sagte damals, der Verein werde zwar vom Verfassungsschutz beobachtet, sei aber nicht verboten.
Die Wölfe hatten ihre Identität verschleiert: Sie traten als „Föderation der Demokratischen Türkischen Idealistenvereine“ auf.
Ärger hatte sie dann doch, ihre Vertragspartner reagierten ungehalten auf die Absage. Später bekam Tülay Koca anonyme Drohanrufe: „Ich sei eine Gotteslästerin und verriete meine Brüder. . .“ Sie bekam Angst, aber sie blieb bei der Absage: „Ich will hier keine Propaganda und keine Gehirnwäsche von jungen Leuten.“
Neuer Treffpunkt in Herne
Genau die Gefahr sieht der Verfassungsschutz, der das Vorgehen von Helfen in Not beobachtet. „Es gibt klare Anhaltspunkte, dass es sich um eine extremistische salafistische Bewegung handelt. Auf den Veranstaltungen können Jugendliche radikalisiert und in die Bewegung hineingezogen werden“, sagt Jörg Rademacher vom Innenministerium NRW. Zwar sei wohl wirklich ein Hilfskonvoi nach Syrien geschickt worden, doch niemand wisse, wem die Hilfe zugute gekommen sei. Obwohl es sich um eine relativ neue Organisation handele, sei die Polizei für das Thema sensibilisiert.
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Das lobt auch Tülay Koca, die nach den Bedrohungen noch einmal von den Beamten besucht wurde. Auch am Sonntag wollte die Polizei am Prenses Palace präsent sein. Schließlich warb "Helfen in Not" auf seiner Homepage weiter für die Feier am 29.9., als Ort ist nun „im Raum Essen“ angegeben.
Erst am Samstag wurde via Facebook und auf der Homepage des Vereins der neue Treffpunkt kundgetan: Die "Benefizgala" soll nun in Herne im Salon Melodi, ebenfalls eine für türkische Hochzeiten beliebte Veranstaltungshalle, stattfinden.
Tülay Koca jedenfalls will in Zukunft vorsichtig sein: „Ich bin gebranntes Kind, die nächste Hilfsorganisation nehme ich genau unter die Lupe.“