Essen. . CDU-Ratsherrn haben den Tag des Grundgesetzes genutzt und am Mittwoch dort Grundgesetze verteilt, wo jüngst die Salafisten Korane unters Volk brachten: in der Essener Innenstadt. Die Aktion rief positive, oder zumindest keine negativen Reaktionen hervor.
Links gibt es leckeres italienisches Eis im Hörnchen, rechts ein Bund langstieliger roter Rosen für einsfünfzig. Wie soll man da noch mittendrin Abnehmer für ein 144-Seiten-Buch finden? Ganz einfach: Man verschenkt es.
Und dann braucht man an einem sonnigen Mittwochvormittag auch nur knappe 38 Minuten, um 500 Exemplare des Grundgesetzes aus dem Fundus der Bundeszentrale für politische Bildung an den Mann und die Frau zu bringen. Just dort, wo jüngst die Salafisten ihre Korane kostenlos verteilt haben, und just am Tag des Grundgesetzes. Die Christdemokraten haben Ort und Zeit gezielt gewählt und sind’s hernach zufrieden: „Nur positive Reaktionen“, freut sich die kleine Schar von CDUlern, die anfangs augenscheinlich ein wenig Hemmung hatte, das Präsent loszuwerden.
Doch die Scheu erweist sich als unbegründet, ein dahingeraunztes „Alles Schrott“ oder die Universal-Entschuldigung „Hab’ ich schon zuhause“ noch als kühlste aller bereitgehaltenen Versuche auszuweichen. Um die beiden Ratsherrn Matthias Hauer und Fabian Schrumpf macht mancher einen noch größeren Bogen, weil sie in ihren schwarzen Stoffhosen und blütend weißen Hemden ein bisschen aussehen wie missionierende Mormonen auf der Suche nach neuen Schäfchen. Aber sei’s drum.
Logos auf dem Sonnenschirm
Dass die Aktion von der CDU eingestielt ist, geht angesichts des eher unauffälligen Logos auf dem Sonnenschirm am Stand fast unter, das Plakat „Das deutsche Grundgesetz gilt für alle“ aber verfehlt seine Wirkung nicht. Und mancher schlägt auch von sich aus den Bogen zur Koran-Verteilung.
Längere Debatten entzünden sich kaum, wer hat schon was gegen das Grundgesetz? Die vielen Migranten jedenfalls, die freundlich das Büchlein annehmen, nicht. „Ich kann noch gar nicht richtig Deutsch“, entschuldigt sich ein junger Afrikaner, aber Karin Pyrowicz weiß die Lösung: „Dann fangen Sie mit dem Lied an!“ rät sie und meint die Nationalhymne auf der Rückseite.
Da lacht ihr Gegenüber.
Und die beiden Muslima, Mutter und Tochter, so scheint’s, die bei Primark nebenan einkaufen gehen, stecken sich das Buch sorgsam, fast ehrfurchtsvoll in die Handtasche. Ein kurzer Kontrollgang zeigt später, dass keines der Grundgesetze im nächsten Mülleimer landete, und damit auch nicht in der Müllverbrennung.
Beim Koran wäre das ein Problem, beim Grundgesetz nicht. Wir sind so frei.