Steuert die Stadt Mülheim ihre Straßenbahnen aufs Abstellgleis? Welchen Kurs die Nachbarstadt auch immer einschlagen wird - die städteübergreifenden Linien U 18 und 104 werden auch in den kommenden Jahren weiterrollen, selbst wenn Mülheim den Ausstieg beschließen sollte. Essens Bau- und Umweltdezernentin Simone Raskob, die auch dem Aufsichtsrat der Essener Verkehrs-AG (Evag) angehört, wies gestern im Gespräch mit der WAZ darauf hin, dass es sich bei beiden Linien um so genannte Gemeinschaftskonzessionen der Städte Essen und Mülheim handelt.

Die Konzessionen laufen noch bis zum Jahr 2021 (104) und 2027 (U 18) und könnten nur durch die Bezirksregierung Düsseldorf zurückgenommen werden. Der Rat der Stadt Mülheim riss das Steuer gestern nur ein Stück weit rum. Statt wie geplant 20 neue Straßenbahnen wird die Nachbarstadt nur zehn anschaffen. Mit dem vorhandenen Fuhrpark ließe sich auch damit ein Zehn-Minuten-Takt aufrechterhalten, so ein Sprecher. Wie lange noch? Von einem Ausstieg aus der Schiene könne jedenfalls keine Rede sein. Mülheim denke aber sehr wohl darüber nach, dort wo es wirtschaftlicher erscheint, den Betrieb auf Busse umzustellen.

10 statt 20 neue Bahnen

Die atmosphärischen Störungen zwischen den an der gemeinsamen Verkehrsgesellschaft Via beteiligten Städten Mülheim, Essen und Duisburg sind damit nicht aus der Welt. Wie Raskob bestätigt waren die beiden Partner von den Überlegungen der Mülheimer vollkommen überrascht worden Eine Sondersitzung des Via-Aufsichtsrates soll sich der Sache nun so schnell wie möglich annehmen. Für die städteübergreifende Zusammenarbeit im ÖPNV wäre es ein enormer Rückschlag, sollte Mülheim den Straßenbahnverkehr zurückfahren und auf Busbetrieb umstellen. Abgesehen davon, so Raskob, wäre es „umweltpolitisch die falsche Antwort“. Wäre „Via“ damit gescheitert? Die Dezernentin will dies nicht bejahen, sieht aber Korrekturbedarf: „Wenn es auf freiwilliger Basis nicht funktioniert, muss man darüber nachdenken, wie man es politisch hinkriegt.“ Was nichts anderes bedeuten würde als das Ende einer kommunalen Selbstbestimmung im öffentlichen Nahverkehr im Ruhrgebiet.