Zehntausende feiern Holi Festival auf Zeche Zollverein in Essen

Essen. . In Indien ein religiöses Frühlingsfest, in Deutschland eine ganz normale Open-Air-Party? In Essen feierten Tausende am Wochenende das “Holi Festival“, trotz dunkler Wolken und ungemütlichem Wetter. Warum es den Festivalbesuchern so viel Freude macht, sich auf Kommando mit Farbe einzusauen.

Das Holi Fest hat ja eigentlich einen Sinn. Zumindest in Indien. Es ist sogar sehr tiefsinnig, wenn man den sakralen Hintergrund betrachtet. Unter anderem wird der hinduistischen Gottheit Krishna das bunte Farbspiel in verschiedenen religiösen Geschichten nachgesagt. Im spirituellen Sinne gilt das Fest dem Sieg des Guten über das Böse, dem Sieg des Frühlings über den Winter.

Erstes Donnerwetter über den Regen

In Essen gab es anlässlich der von drei Berlinern eingedeutschten Holi-Version ebenfalls etwas Böses zu besiegen: Dichte, dunkle Regenwolken, die am Samstagmorgen zunächst für trübe Stimmung sorgten. Ein Donnerwetter ging im Internet über die Veranstalter nieder. „Wieso verschiebt ihr es nicht?!“ oder „Holi Matsch – nein Danke“ waren da noch die höflicher formulierten Beiträge, denen die Veranstalter mit purem Optimismus entgegentraten. Bei Nässe bleibt die Farbe ja auch viel besser haften.

Einige versuchten noch schnell ihre Festival-Tickets loszuwerden, sahen ihre 17 Euro schon den Bach heruntergespült. Zu Hause blieben allerdings doch die Wenigsten: Gegen Mittag, als der Himmel heller und die Laune allmählich besser wurde, machten sich etliche weiß Gekleidete auf in Richtung Hauptbahnhof.

Verkehrschaos Richtung Stoppenberg

Dort konnten sie unplanmäßig tatsächlich einen Hauch von „Incredible India“ erfahren: Hoffnungslos überfüllte Bahnen Richtung Stoppenberg, Hunderte Menschen an den Gleisen, die wie Ameisen in ihren Bau krabbelten – und zwischendrin ein paar gänzlich irritierte Senioren, die sich fragten „Wollen die alle nach Schalke?“ Nein, wollten die nicht. Die meisten der über 10.000 Ticketbesitzer wollten nur eben zeitgleich nach Zollverein. Doch auch die Evag-Durchsage am Gleis der Linie 107 verlagerte das Problem nur, denn draußen, wo die Shuttle-Busse laut Ansage im Fünf-Minuten-Takt fahren sollten, gab es genervte Gesichter. Die Extra-Busse kamen anfangs nicht hinterher.

„Die Besucher haben sich ein bisschen zu viel Zeit gelassen mit dem Hinweg“, sagt Bruno Riedel, der diesen Sommer mit seinem Berliner Team über ein Dutzend dieser Festivals in Deutschland organisiert hat. Bis kurz vor 15 Uhr zählte er aber schon über 10.000 Gäste auf dem Gelände des ehemaligen Holzlagerplatzes. „Die wollen alle den ersten Farb-Countdown nicht verpassen“, so Riedel. Also die stündliche Aufforderung an alle, bei „Null“ wie wild mit sämtlichem Farbpulver um sich zu schmeißen, das man am Stand zuvor käuflich erwerben konnte. Und wenn auch nur jeder Zweite der 12.000 Besucher pro Stunde ein 75 Gramm Maismehl-Tütchen zu je zwei Euro verbraucht, ist das eine Ganze Menge Geld, das da verpulvert wurde.

Ein Fest für die Sinne

Den Vorwurf einer rein kommerziellen Veranstaltung wollen sich die Initiatoren nicht machen lassen: „Es geht um ein frohes, großes Miteinander, ein einmaliges Erlebnis“, so Riedel, „mit 500 Menschen ist es einfach nicht das gleiche Gänsehaut-Gefühl.“ Das mussten sie bisher keinem Ticket-Käufer verwehren: Verschoben oder gestrichen haben sie kein Farbfest bislang. Auch wenn es eine Woche zuvor in Köln hart an der Schlechtwettergrenze war und das Pulver zu Matsch-Wasserfarben wurde.

Ab mittags blieb hier der Regen aus. Das Böse war besiegt. Wem’s doch zu bunt wurde, der wusch sich im umgebauten Schweine-Trog. Um sich anschließend wieder einzusauen, zur Musik zu tanzen und den Staub zu schmecken. Alles in allem vielleicht nicht tief religiös, aber ein Fest für alle Sinne.