Essen. . Wo einst das schwarze Gold gehoben wurde, weht am Samstag ein Farbenrausch – beim „Holi Festival“ auf Zollverein. Als Anfang April die 12.000 Tickets für die Essener Ausgabe des „Holi“ in den Verkauf gingen, waren alle Karten innerhalb von nur drei Stunden ausverkauft.

Nachdem im Dezember 1986 auf Zollverein endgültig Schicht im Schacht war - und 1993 die Kokerei dicht gemacht wurde - war Schluss mit Bergen von schwarzem Gold, dreckigen Malochern, die aus den Schächten krochen und vor allem war von da an Schluss mit dem diesigen Dunst von Kohlestaub.

Schwarzes Gold liegt auch heute nicht in der Luft, aber die Besucher des „Holi Festivals“ könnten sich dennoch in die Staublungen-Zeit der Bergleute zurückversetzt fühlen: Wenn tonnenweise bunter Staub über den ehemaligen Holzlagerplatz fliegt, und zwar einfach zum Vergnügen. Und diese Idee hat offensichtlich eingeschlagen wie eine (Farb)Bombe: Nach nur drei Stunden waren alle 12.000 Tickets ausverkauft.

Uralte Tradition aus Indien

Das bunte Vergnügen beruht allerdings auf einer uralten, keineswegs eingestaubten Tradition, die ursprünglich rein gar nichts mit dem grauen Ruhrpott zu tun hat: Jedes Jahr, wenn sich in Indien der Winter verabschiedet, wird dort der Frühling mit dem Fest der Farben („Holi“) begrüßt.

Buntes Open Air

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Am Vollmondtag des Monats „Phalguna“ beschmeißen sich die Inder daher über zwei bis zehn Tage lang mit gefärbtem Puder. Zu diesem Anlass sollen die Grenzen der Kasten übertüncht werden, „Jeder ist gleich, so lautet das Motto“, erklärt Maxim Derenko, „unter das wir auch die deutsche Version stellen.“

Die deutsche Version, die 2012 eine echte Trendwelle ausgelöst hat, stammt - wie so viele Trends - aus der Bundeshauptstadt. Derenko lebt wie seine zwei Freunde Jasper Hellmann und Max Riedel in Berlin, zusammen veranstalten sie schon seit über sechs Jahren Partys. Doch dass sie mal europaweit Großveranstaltungen durchführen, haben sie einem Trip nach Neu Dehli zu verdanken. Das Frühlingsfest beeindruckte Jasper Hellmann nachhaltig, dass sie andere mit in den Bann ziehen wollten.

Nur Dortmund und München waren schneller

„Farben schmeißen kann ja jeder“, sagt Derenko, der nicht zufällig Management und Marketing studiert hat. Auf die Größe kommt es an. Schon ihr erstes Holi-Festival startete in Berlin mit mehreren Tausend Gästen unter freiem Himmel. Es folgten weitere Großstädte quer durch Deutschland, in diesem Jahr standen 14 auf dem Plan, sowie sieben europäische Städte. Der Vorverkauf läuft viele Monate im Voraus, ausschließlich im Internet.

Und als Anfang April die 12.000 Tickets für die Essener Ausgabe des „Holi“ in den Verkauf gingen, waren alle Karten innerhalb von nur drei Stunden ausverkauft. „Das konnte nur noch von Dortmund und München getoppt werden, die in nur 30 Minuten ausverkauft waren“, so Derenko, „das ist schon Wahnsinn“.

Nichts für Allergiker und Kontaktlinsenträger

Den extremen Hype darum kann er nur schwer in Worte fassen: „Vielleicht ist es die Neuartigkeit. Es ist nicht wie auf einem Konzert, die Menschen feiern nicht den Künstler, sondern einfach sich selbst“, erklärt der 26-Jährige. „Es ist das Miteinander.“ Und das gestaltet sich so: 12.000 Gäste tanzen ab 12 Uhr zu elektronischer Musik (mit Indischem Live-Gesang) und beschmeißen sich ab 15 Uhr regelmäßig mit eingefärbtem Maismehl.

Von da an wird nämlich stündlich ein „Farbcountdown“ zum gegenseitigem Bestäuben aufrufen – natürlich ist das auch jederzeit erlaubt. Erlaubt sind auf dem Gelände allerdings keine selbst mitgebrachten Pulver, das gibt es nur vor Ort im 75-Gramm-Beutel zu kaufen.

Wie viel von dem zertifiziertem Farb-Puder, was die Macher eigens in Berlin herstellen lassen, pro Party so verpulvert wird, wollen sie nicht verraten. Nur so viel: Es ist für Mensch und Umwelt ungefährlich, wasserlöslich und in blondem Haar, sowie heller Kleidung eher hartnäckig. Gut beraten ist man mit alter Kleidung und einem Tuch, das man sich wahlweise um Kopf oder Gesicht binden kann. Allergiker sollten ganz zu Hause bleiben und Kontaktlinsenträger sollten die Taucherbrille mitbringen.