Essen. . Hunderte Besucher kamen zum großen Werkstatt-Fest an der Schederhofstraße und warfen hier einen Blick hinter die Kulissen des Bahnbetriebs. Gerade die jüngeren Besucher waren erstaunt, wie aufwändig es ist, eine Bahn zu warten.

Zehntausende Essener fahren jeden Tag mit der Deutschen Bahn. Sie erwarten, dass die Züge sie nicht nur pünktlich, sondern auch sicher ans Ziel bringen. Nur wenige machen sich aber Gedanken darüber, welchen Aufwand die Bahn betreibt, um technisch einwandfreie Fahrzeuge bereitzustellen. Wer es dennoch genauer wissen wollte, dem bot sich jetzt die Gelegenheit. Beim Werkstattfest der Bahn an der Schederhofstraße in Frohnhausen konnte man am Wochenende einen Blick hinter die Kulissen werfen.

„Wahnsinn, da passt ja mein halber Finger rein“, staunt Dustin Berger und betastet das Profil eines neuen Bremsbelags für S-Bahnen. Den neuen Bremsbelag vergleicht der Zwölfjährige dann mit abgenutzten Bremsbelägen, die in einer Kiste vor ihm liegen. „Hat nicht mehr viel miteinander zu tun“, stellt Dustin fest, „die alten Beläge sind ja total platt“. Gemeinsam mit seinen Eltern nimmt der junge Altendorfer an einer Werkstattführung teil. Von einem Mitarbeiter der Werkstatt lassen sie sich erklären, wie eine Bahn bremst. An jeder der zehn Achsen der Bahn sitzen acht Bremsbeläge, erklärt der Fachmann. Nach einem halben Jahr müssen sie ersetzt werden, weil ihr Profil dann von ursprünglich 30 Millimetern auf fünf Millimeter heruntergefahren ist. Bis dahin haben die Beläge rund 200.000 Fahrkilometer hinter sich gebracht.

42 Handwerker arbeiten in zwei Schichten

In der 160 Meter langen Werkstatt werden aber nicht nur Bremsbeläge ausgetauscht. 42 Schlosser, Mechaniker und andere Handwerker arbeiten in zwei Schichten an bis zu vier Zügen gleichzeitig. Neben dem Austausch defekter Sitzschalen und der Wartung der Klimaanlage müssen natürlich auch die Räder ständig kontrolliert werden, erklärt Marcin Piotrowski, Instandhaltungstechniker bei der Deutschen Bahn: „Gerade bei S-Bahnen nutzen sich die Räder durch das ständige Bremsen und Beschleunigen ab.“ Deswegen müsse das Profil regelmäßig nachgeschliffen werden.

Im Personenverkehr komme jede Bahn etwa alle zwei Wochen in eine Werkstatt, sagt Piotrowski. In der Frohnhausener Werkstatt wird neben S-Bahnen des Typs 422 auch der Regionalexpress mit der Bezeichnung 425 gewartet. Die Züge werden dabei zwar nicht buchstäblich auf den Kopf gestellt, aber immerhin können die Handwerker die 112 Tonnen schweren Fahrzeuge aufbocken, um auf fünf verschiedenen Ebenen daran zu arbeiten.

Waschanlage ist wenig spektakulär

Auch auf das Dach der Bahnen können die Mitarbeiter steigen. Natürlich fließt während solcher Dacharbeiten aus Sicherheitsgründen kein Strom durch die Oberleitung. Außer dem Stromabnehmer gebe es auf dem Dach aber nicht viel zu warten, erklärt Marcin Piotrowski: „Die meisten technischen Geräte befinden sich unter dem Fahrzeug.“

Dustin Berger ist vom Werkstattfest der Deutschen Bahn begeistert. „Als normaler Passagier bekommt man ja gar nicht mit, dass die Bahnen verschleißen und repariert werden müssen“, sagt er. Er habe nun einen kleinen Einblick bekommen, wie eine Bahn überhaupt funktioniert und durfte sogar einmal am Führerstand stehen.

Nur von der Waschanlage war der Zwölfjährige etwas enttäuscht. „Das habe ich mir ein bisschen spektakulärer vorgestellt“, sagt Dustin. Im Prinzip werde ein Zug genauso gewaschen wie Papas Auto in der Waschanlage.