Essen. Viele Inhaber von Cafés oder Kneipen in Essen fielen aus allen Wolken, als sie der Bezahlsender Sky per Post über das neue Tarifsystem informierte. Bis zu 70 Prozent betragen die Preiserhöhungen. „Das ist nicht reinzuholen“, heißt es. Andernorts hat sich bereits eine Protestwelle entwickelt.
Eigentlich ist Fußball in den Kneipen und Lokalen der Stadt momentan nur ein Randthema. Die 1. Bundesliga macht Pause. Unter den Inhabern von Gaststätten und Cafés dreht sich trotzdem alles um den Ball. Zumindest unter denjenigen, die Verträge mit dem Bezahlsender Sky abgeschlossen haben. Per Post hat der seinen Kunden deftige Preissteigerungen angekündigt. „Das ist unglaublich“, ärgert sich Christiane Behnke, Inhaberin des Alt-Krayer Gasthauses.
Sie soll künftig monatlich 387 statt 229 Euro netto bezahlen – eine Preissteigerung um 70 Prozent. Die Vorsitzende der Kreisgruppe des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) hatte an jenem Tag, an dem die Sky-Post im Briefkasten lag, wütende Gaststättenbesitzer am Telefon.
Kein Rahmenvertrag mit der Dehoga
„Ich bin fast unter die Decke gegangen, als ich den Brief aufgemacht habe“, sagt Klaus Kattenbracker, Inhaber des Wirtshauses Rü. 388 statt 260 Euro im Monat netto soll er bezahlen. „Das ist unverschämt, das muss man erst einmal reinholen.“ Die meisten ahnen, das das kaum möglich ist. Thomas Kolaric, Dehoga-Geschäftsführer am Niederrhein, weiß: „Es gibt einige, die überlegen, ob sie sich das noch leisten können.“ Zumal Sky sich auf keinen Rahmenvertrag mit der Dehoga einlässt. „Die sind so arrogant“, schimpft Christiane Behnke.
Der Bezahlsender hat ein neues Tarifsystem eingeführt: Der Preis hängt von Betriebsgröße und Region ab. „Man kann ja nichts machen, Sky hat eine Monopolstellung“, sieht Christian Krause von der Sportsbar „Früher oder später“ seinen Berufsstand am kürzeren Hebel. Andere haben zwar nicht nur ein „Sport-Standbein“. Trotzdem überlegen sie, ob sie es sich leisten können, den Fernsehservice abzuschaffen. Claudia Stoff („Stoffwechsel“) ist wie viele Kollegen hin- und hergerissen. „Ich weiß nicht, ob ich etwas an den Fußballübertragungen verdiene. Aber ich denke, ein voller Laden ist gut fürs Geschäft.“ Trotzdem ärgert sie sich, dass die Gebühren binnen drei Jahren fast um 100 Prozent gestiegen sind.
Solidarität der Wirte
Sven Dülfer ist an dem Punkt angekommen, an dem er sich nicht nur noch ärgern will. „Ich versuche andere aufzuwiegeln, zu kündigen“, sagt der 57-jährige Inhaber des Cafe de Prins aus Rüttenscheid. 6000 statt bislang 4900 Euro im Jahr soll er berappen. „Das kann man gar nicht mehr reinholen.“
Über Gespräche und eine Facebook-Plattform will er andere Wirte davon überzeugen, ihren Vertrag zu kündigen. Einige Gäste hätten zwar angeboten, eine Extragebühr zu entrichten. Aber „Eintritt“ möchte er ebenso nicht nehmen wie die Preise erhöhen. „Wie die Eule mehr Geld fürs Bier zu nehmen, kommt für mich nicht in Frage“, sagt er. „Es kann ja nicht sein, dass Leute, die sich nicht für Fußball interessieren, die Kosten mittragen und dass für zweimal Fußball in der Woche an sieben Tagen das Bier teurer ist. Er setzt auf die Solidarität der Wirte.
Ein Blick nach Hannover könnte helfen („Übertragungen aus Griechenland“). Allerdings hat Sven Dülfer noch seine eigene Theorie: „Womöglich setzt Sky darauf, dass mehr Privatleute Verträge abschließen, wenn in Kneipen nicht mehr übertragen wird.“
Übertragungen aus Griechenland
In Essen ist es noch ein zarter Protest, in Hannover bereits eine Welle. 40 Ladenbetreiber haben ihren Sky-Vertrag dort schon gekündigt, sagt Bernd Rodewald. Auch der Inhaber des „Shakespeare“ gehört dazu. Er hat die kollektive Aktion der Wirte organisiert („Einer muss das in die Hand nehmen“). Und mittlerweile bekommt die Bewegung kreative Züge. Am Freitag sei man unter Medienbegleitung vor der Hannover-96-Kneipe „Alte Liebe“ aufgetaucht und habe das Sky-Werbeschild mit einem Plastiksack überzogen. Auf dem stehe in Anspielung auf den James-Bond-Film „Skyfall“.
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Es habe am Donnerstag ein Treffen mit dem regionalen Sky-Vertreter gegeben, der in Aussicht gestellt habe, einen Monat könnten die Kneipiers kostenlos Fußball übertragen. Am Prinzip, Sky schließt ausschließlich Jahresverträge ab, und an der neuen Kostenstruktur mit künftig neun statt bislang sechs Tarifen und der deutlichen Preissteigerung für die meisten Kunden – werde sich aber nichts ändern.
In Niedersachsens Landeshauptstadt gucken sie sich deshalb um. Bernd Rodewald, der seinen Ende August auslaufenden Vertrag gekündigt hat, sagt, er werde möglicherweise Bundesliga-Übertragungen aus Griechenland beziehen und diese mit dem örtlichen Radio-Ton unterlegen.