Die Toten Hosen steigen Altenessen heimlich aufs Dach
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Essen. . Bei einem Geheimkonzert haben die Toten Hosen am Montagabend die kleine Traditionskneipe „Glück Auf“ im Essener Norden aus den Angeln gehoben. Die alten Herren der Sportfreunde Altenessen hatten die Begegnung beim Tippspiel von 1Live gewonnen – und erfuhren so manches Geheimnis aus der Bandgeschichte.
Die ersten drei Stücke des Geheimkonzerts der Toten Hosen könnten kaum besser beschreiben, was die kleine Kneipe „Glück Auf“ im tiefen Essener Norden am Montagabend aus den Angeln nimmt: „Strom“, weil vor lauter Energie im Raum kaum noch Luft zum Atmen ist, „Altes Fieber“ – schließlich gehen die Alten Herren der Sportfreunde Altenessen seit teils 25 Jahren durch Dick und Dünn – und „Auswärtsspiel“, „denn nicht einmal die gesperrte A52 konnte uns stoppen, von Düsseldorf zu euch zu kommen“, wie Tote Hosen-Frontmann Campino in den Saal brüllt, in dem sonst Poolbillard gespielt oder wahlweise die Tafel zum Beerdigungskaffee gedeckt wird.
Nur knapp hatte sich das Alt-Herren-Team beim Bundesliga-Tippspiel von Radiosender 1Live an die Spitze gesetzt und den Zuschlag für die intime Begegnung mit der Punk-Combo erhalten. Bereits im vergangenen Jahr hatte ein Team aus Essen das Konzert mit den Toten Hosen gewonnen. „Seitdem das bekannt ist, konnten wir uns vor lauter neuen Freunden kaum noch retten“, sagt Carsten Goschnick von den Sportfreunden, der mit einigen seiner Jungs schon seit Kindertagen auf dem Platz steht. „Viele von uns sind mit den Toten Hosen groß geworden, das sind ja auch nicht mehr die Jüngsten“, so Teamchef Martin Winkels, der die schwierige Aufgabe koordinierte, nur 150 Tickets gerecht an den Mann zu bringen.
Bergbau-Geschichte, Hühnersuppe und Ente Lippens
Auch Wirtin Tanja Wosnitzka, die die Traditionskneipe an der Karlstraße seit einem Jahr schmeißt, rotiert hinterm Tresen: „Ich konnte heute Nacht ab 1 Uhr kein Auge mehr zu machen. Ich fass’ es eigentlich immer noch nicht richtig“, so Wosnitzka, deren Wohnung über der Kneipe den ganzen Tag lang von den Köchen der Toten Hosen in Beschlag genommen wurde. Vielleicht ist es dieser Charme aus Rot-Weiss Essen-Fantum und Bergbau-Geschichte an den vertäfelten Wänden, der Campino verzücken lässt: „Es gibt hier noch richtige, frische Hühnersuppe! In so einer Kneipe haben wir noch nie gespielt.“
Campino auf dem Dach
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Vor allem ist es aber der Fußball, der die Hosen und die Fans an diesem Abend immer wieder verbindet. „Beim letzten Auswärtsspiel der Fortuna im RWE-Stadion haben 10.000 Essener ,Scheiß Tote Hosen’ gebrüllt. Mir war klar, dass ich oft wieder kommen muss“, sagt Campino, der sogar den Mut hat, wenig später die Herkunft von Bassist Andreas Meurer zu verraten. „Das weiß kaum jemand aber Andi kommt aus Essen – wir haben ihn allerdings vom ETB abgeworben.“ Die aufkeimenden „Lackschuh-Verein“-Schmährufe überspielen die Hosen mit „Pushed Again“ und gekonnt eingeflochtenen Fragen wie „Spürt ihr den Geist von Ente Lippens?“ Immerhin sind sich Band und Fans beim legendären Fußball-Hass-Hit „Bayern“ wieder einig.
Klassiker zum Mitsingen auch für die Zaungäste
Die Hosen waren und bleiben live eine der nahbarsten Bands der Republik. Das beweist Campino, in dem er einen Schluck verschaltes Bier von einem Fan nimmt, eine junge Frau zum Mitsingen auf die Bühne bittet, vor allem aber durch seine Auftritte vor dem „Glück auf“. Denn hinter der mit Bauzäunen abgesperrten Terrasse der Kneipe hat sich in der kleinen „Querschlagstraße“ längst eine Menschentraube gebildet, um einen Blick auf die Toten Hosen zu erhaschen.
Übers Dach klettert Campino immer wieder aus dem Fenster und animiert die Zaungäste zum Mitsingen. Bei Klassikern wie „Der Bofrost-Mann“, „Paradies“, „Hier kommt Alex“ oder „An Tagen wie diesen“ lassen sich die Fans draußen wie drinnen nicht zwei Mal bitten. So viel Pogo hat das ältere Paar, das vom Dachfenster aus beide Seiten mit fragendem Blick beobachtet, sicherlich noch nie gesehen.
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