Essen. Eine junge Frau hat das Zeug zum Welt-Star. Doch sie hält den Druck nicht aus. Stattdessen verfällt Amy Winehouse einem Mann, der sie in einen Abwärtsstrudel von Alkohol und Drogen zieht. Eine Doku des Essener Filmemachers Andreas Kanonenberg aus der ARD-Reihe „Poplegenden“ erzählt am Mittwoch ihre Geschichte.

Sie war die klassische Kindfrau. Amy Winehouse hatte bereits mit zarten 16 Jahren die Stimme einer reifen Frau. Dennoch wirkte sie zeitlebens wie ein Vögelchen, das aus dem Nest gefallen war. Ihr Tod kam früh, überraschend kam er nicht.

Das Mädchen aus der jüdischen Gemeinde in London zerstörte sich mit Drogen, mit Alkohol und, wie es scheint, mit Vorsatz selbst. Die erste ARD-Doku aus der dreiteiligen Reihe „Poplegenden“ (22.45 Uhr) zeichnet nach, was die ungekrönte Soul-Königin in den berüchtigten Club 27 trieb – in den Club der Rockmusiker, die mit 27 starben.

Die Frau mit der Bienenkorb-Frisur

Der Essener Filmemacher Andreas Kanonenberg greift bei seinem 45-minütigen Porträt auf teilweise nie zuvor gezeigtes Bild-Material zurück. Es zeigt die ungeheure Ausstrahlung der Frau mit der Bienenkorbfrisur, die gerade mal zwei Studio-Alben vorlegte – zwei Langrillen, die Musikgeschichte schrieben.

Mit „Frank“ von 2003 wurde Amy Winehouse Kult – und mit „Back To Black“ von 2006 zum Welt-Star. Gerade ihre Retro-Hommage an den Motown-Soul wirkte zukunftsweisend für eine ganze Generation junger Vokalistinnen.

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Doch das bleibt bei Kanonenbergs Porträt im Hintergrund. Im Vordergrund steht vielmehr der Lebenslauf von Amy Winehouse, klassisch chronologisch erzählt. Kanonenberg gelang es unter anderem, die geschiedenen Eltern der fünffachen Grammy-Gewinnerin zu befragen, Janis und Mitch. Beide äußern sich mit Liebe über ihre allzu früh verstorbene Tochter.

Mitch Winehouse stehen die Tränen in den Augen, wenn er über seine hoch talentierte Tochter spricht. Und wer nicht berührt ist, wie Janis Winehouse über die letzte Begegnung mit Amy erzählt, muss ein Herz aus Stein haben: „Es hörte sich so an, als würde sie auf ihr Leben zurückblicken. Zum Abschied sagte sie, was sie sonst auch immer zu mir sagte: Mommy, I love you.“

Was trieb sie in den Abwärtsstrudel?

Natürlich stellt Kanonenberg die Frage, was dazu führte, dass Amy Winehouse sich selbst zerstörte – und dem Abwärtsstrudel nicht entrinnen konnte. Letztlich bleiben mehr Fragen, als die Doku Antworten gibt. War für Amy Winehouse die Scheidung ihrer Eltern wirklich das einzige traumatische Jugend-Erlebnis? Warum wird die Frau, die in vielen Bereichen eine klare Vorstellung vom Leben hat, einem drogensüchtigen, gewalttätigen Mann hörig

Warum wurde für Amy Winehouse, die schon früh ein Star werden wollte, der erfüllte Wunsch zum Fluch? Ob diese Fragen je beantwortet werden – wer weiß. Wahr jedoch ist: Musik war für Amy Winehouse so wichtig wie Lebensmittel. Ein Überlebensmittel war sie leider nicht.