Essen. Hunderte Haushalte in Essen haben Probleme, ihre Strom- oder Gasrechnung zu bezahlen. Ihnen droht häufig, dass die Energie abgedreht wird. Die Linken wollen dies mit einem neuen Modell verhindern. So sollen Jobcenter und Versorger enger zusammenarbeiten. Doch eine politische Mehrheit wird schwierig.

Verbraucherschützer schlagen schon länger Alarm: Die steigenden Strompreise bringen immer mehr arme Haushalte in Essen in Nöte. Fast 800 Essener – überwiegend Hartz-IV-Empfänger – mussten im vergangenen Jahr die Stadt „anpumpen“. Ihnen halfen Jobcenter oder Sozialamt mit einem Darlehen aus, um eine drohende Strom- oder Gasabschaltung zu verhindern.

Wie vielen Haushalten in Essen tatsächlich der Hahn zugedreht wird, darüber schweigen sich die Versorger aus. Für die Fraktion der Linken im Stadtrat ist jedoch jeder Fall, bei dem eine Sperre droht, einer zu viel. Sie wollen, dass Jobcenter und Versorger künftig enger zusammenarbeiten, um Stromsperren zu verhindern.

Saarbrücker Vier-Punkte-Modell als Vorbild

Als Vorbild soll das Saarbrücker Vier-Punkte-Modell dienen. In der Region Saarbrücken wurde es Anfang des Jahres eingeführt. Erste Erfahrungen sollen positiv sein. Unter anderem sieht das Modell vor: Wüssten Stromversorger, wer ihrer Kunden Hartz-IV-Empfänger ist, könnten sie bei Zahlungsproblemen direkt aufs Jobcenter zugehen. Das könnte dann schnell mit einem Darlehen einspringen. Der Haken: Hartz-IV-Empfänger müssten auf Datenschutz verzichten. Die Einwilligung soll aber freiwillig sein.

Die Schuldnerhilfe reagierte offen auf den Vorschlag: „Frühzeitiges Handeln ist wichtig, um erst gar keinen hohen Schuldenberg anzuhäufen“, sagte Leiter Wolfgang Huber. Im Sozialausschuss bekamen die Linken von den anderen Fraktionen jedoch eine Abfuhr. Dennoch will die Fraktion das Thema nach vorn peitschen. Zum einen soll es am 5. Juli ein öffentliches Fachgespräch mit Verbraucherschützern, Vertretern von Energieversorgern und Politikern geben. Zum anderen werden die Linken dem Stadtrat im Juli einen entsprechenden Antrag zur Abstimmung vorlegen.

CDU Essen gibt sich skeptisch

Eine Mehrheit ist jedoch auch hier unwahrscheinlich. So hat beispielsweise Jutta Eckenbach von der CDU große Bedenken gegen das Modell: Selbst wenn man die örtlichen Versorger RWE und die Stadtwerke ins Boot holen könnte, würde man damit nur einen Teil der Hartz-IV-Empfänger erreichen. „Wir werben ja schließlich immer dafür, dass Haushalte den Energieversorger wechseln sollen.“ Für den gesamten Personenkreis sei das Modell jedenfalls nicht machbar. Außerdem, so Eckenbach, gebe es in Essen ein Netz an Initiativen, die armen Haushalten beim Stromsparen helfen. „Es ist nicht so, dass die Menschen allein gelassen werden.“