Essen. Wenn ältere Menschen ins Heim kommen, prüft die Stadt die Unterhaltspflicht der Angehörigen. Doch durch Einsparungen beim Prüfpersonal bleibt die Kommune nun auf immer höheren Kosten sitzen. Im vergangenen Jahr wurden am Ende rund 3,4 Millionen Euro mehr als geplant an Hilfen zur Pflege von der Stadt gezahlt. Die Kommune wird so langsam selbst zu einem Pflegefall.

Die Essener werden älter – zunehmend in den Alten- und Pflegeheimen dieser Stadt. Doch die wenigsten sind in der Lage, ihren Aufenthalt in den Häusern aus eigener Tasche zu bezahlen. Reichen die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung nicht aus, die Kosten zu decken, muss die Stadt ins Säckel greifen, die so genannte Hilfe zur Pflege leisten und die Unterhaltspflicht möglicher Angehöriger sondieren, um zumindest einen Teil der Kosten auffangen zu können.

Doch was das angeht, wird die Kommune langsam selbst zu einem Pflegefall. Weil man sich von Amts wegen nach dem Ausfall von Mitarbeitern oder dem Wegfall von Stellen personell nicht mehr in der Lage sieht, in ausreichendem Umfang die Einkommen und Vermögen von Söhnen oder Töchtern der älteren Menschen zu überprüfen, müssen auf Dauer zum Teil massive Einnahmeausfälle in Kauf genommen werden.

"Bedenkliche" Entwicklung mit bedrohlichen Folgen

Das ist nicht nur aus Sicht des Rechnungsprüfungsamt eine „bedenkliche“ Entwicklung mit bedrohlichen Folgen: „Dies könnte die Bemühungen der Stadt, einen Haushaltsausgleich zu erreichen, konterkarieren“, heißt es deutlich in dem nichtöffentlichen Bericht „Prüfung der Gewährung stationärer Hilfe zur Pflege“, der in den nächsten Tagen die Politik beschäftigen wird.

Es geht dabei um richtig viel Geld: Knapp 70 Millionen Euro musste die Stadt im vergangenen Jahr für 5331 Hilfeempfänger aufwenden, von denen 3187 stationär und 1181 ambulant betreut wurden. Damit lagen die Ausgaben am Ende rund 3,4 Millionen Euro höher als zunächst geplant, weil einfach mehr ältere Menschen versorgt werden mussten.

Unterhaltsprüfungen werden nur selten durchgeführt

30 Fälle hat das Rechnungsprüfungsamt der Stadt stichprobenartig untersucht. In elf davon wurden „Unterhaltsprüfungen nicht oder nicht abschließend durchgeführt“, heißt es in dem Bericht: „In einem Fall davon hat die Stadt mit einem erheblichen Verlust der letzten Jahre zu rechnen.“

Nachdem der Vater von Hermann-Josef S. im März 2006 ins Waldthausen-Stift eingezogen war, wurde mit deutlicher Verzögerung im Januar 2007 ein möglicher Unterhaltsbeitrag von rund 977 Euro monatlich berechnet, doch „eine Unterhaltsforderung an den Unterhaltspflichtigen ergeht nicht“, kritisieren die Rechnungsprüfer. Ein mittlerer fünfstelliger Betrag dürfte der Stadt so durch die Lappen gegangen sein – in nur einem Fall von vielen.