Essen. Die Stadt Essen und die Suchthilfe wollen die Trinker-Szene auf dem Willy-Brandt-Platz am Hauptbahnhof weg von der Straße holen. Deshalb ist das Trinken von Alkohol nun in einem Café der Suchthilfe in der Hoffnungsstraße möglich. Der Versuch läuft drei Monate.
Die Stadt testet zusammen mit der Suchthilfe erstmals einen Trinkerraum in Essen. Damit sollen vor allem die Menschen aus der Trinker- und Drogenszene vor dem Hauptbahnhof und auf dem Willy-Brandt-Platz von der Straße geholt werden, bestätigt Stadtsprecher Stefan Schulze.
Seit April dürfen die Besucher des Cafés im Haus der Suchthilfe in der Hoffnungsstraße leichte Alkoholika konsumieren - heißt: ihr mitgebrachtes Bier trinken. Drei Flaschen am Tag seien erlaubt, sagt der Leiter des Cafés, Oliver Balgar. Hochprozentiges dagegen ist verboten. Es soll ein niedrigschwelliges Angebot sein, um den Alkoholkonsum im öffentlichen Raum zu verringern, sagen die Projektverantwortlichen. Ob das gelingt, soll nun die dreimonatige Testphase zeigen. Bis Ende Juni zunächst läuft der Versuch.
Positive Zwischenbilanz aus Dortmund
Einen so genannten „Saufraum“ gibt es schon seit über einem Jahr in Dortmund. Der war anfangs politisch höchst umstritten. Auch Essens Sozialdezernent Peter Renzel hatte damals einen solchen mit großer Skepsis abgelehnt. Die Dortmunder Stadtverwaltung jedoch zog Anfang des Jahres eine positive Zwischenbilanz. Die Lage auf dem dortigen Nordmarkt habe sich seither entspannt.
Wie der Versuch bei den Betroffenen in Essen ankommt, wird derzeit noch untersucht. Die Suchthilfe wollte daher noch keine Angaben darüber machen, wie ihr Angebot angenommen wird. Die Stadt spricht davon, dass sich an manchen Tagen bis zu 50 Prozent weniger Trinker auf dem Willy-Brandt-Platz aufhalten würden. Je nach Wetterlage, räumt Stadtsprecher Schulze ein. Die Polizei konnte die Beobachtung so nicht bestätigen.
Besser an Alkoholkranke herankommen
Aus Sicht der Polizei ist der Willy-Brandt-Platz zwar kein Schwerpunkt-Einsatzgebiet. Dennoch gibt es dort immer wieder Vorkommnisse. Erst vergangene Woche war ein betrunkener Obdachloser ausgerastet und hatte einen 63-Jährigen aus der Szene verprügelt.
Gegen das Trinken von Alkohol in der Öffentlichkeit habe die Stadt jedoch keine Handhabe, so Schulze. „Es gibt keine rechtliche und auch keine menschliche Grundlage, sie von dort zu vertreiben.“ Allerdings würden Sozialarbeiter die Betreffenden gezielt ansprechen und für das Angebot in der Hoffnungsstraße werben.
Die Suchthilfe hofft, dass sie mit ihrem Trinkerraum an die Alkoholkranken besser herankommt, und ihnen Hilfsangebote machen kann. Für die Beteiligten steht jedoch auch fest: Mit einem einzigen Raum wird man die Trinkerszene in der Stadt nicht trockenlegen. In den Stadtteilen müsste es mehrere solcher Anlaufpunkte geben.