Essen. . Nach vier Jahren Planung: Die Kreissynode der Evangelischen Kirchen in Essen hat den Gründungsantrag für eine inklusive Gesamtschule, die sogenannte “Zukunftsschule“, mit überraschend deutlicher Mehrheit abgelehnt. Das finanzielle Risiko erschien den meisten als zu groß.
Nach vier Jahren Planung hat die Evangelische Kirche ihr Vorhaben aufgegeben, eine stadtweite Gesamtschule zu gründen, die auch für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen offen ist. Die Kreissynode, das Kirchenparlament mit 134 Delegierten, die vor allem die Essener Kirchengemeinden vertreten, lehnte am Wochenende einen Gründungsbeschluss ab – mit überraschend deutlicher Mehrheit von 89 Nein- zu 43 Ja-Stimmen.
Das als „Zukunftsschule“ benannte Projekt sollte 2014 starten im Gebäude der Gesamtschule Süd in Stadtwald, die ausläuft und keine Eingangsjahrgänge mehr bildet. Die Evangelische Kirche hätte 17,8 Millionen Euro für Kauf und Umbau des Gebäudes investieren und dafür auch Kredite aufnehmen müssen. Rein rechnerisch hätte sich die Ausgabe erst in Jahrzehnten amortisiert. 80 Prozent des Eigenkapitals der Evangelischen Kirche wäre in das Projekt geflossen. Entsprechend hatte der Finanzausschuss der Kirche im April das Projekt einstimmig abgelehnt – wegen der finanziellen Risiken.
Geplant war, dass Eltern einen Monatsbeitrag von rund 130 Euro hätten zahlen müssen. Nach derzeitigem Stand wären die Evangelischen Gemeinden in Essen aber nicht zur Kasse gebeten worden. Der Schulbetrieb sollte nicht mit Steuergeldern finanziert werden. Einen deutlichen Schwerpunkt sollte die Integration von Menschen mit Behinderungen bilden.
„Die Umsetzung des Konzepts ist wie der Blick in die Glaskugel“
Sichtlich überrascht waren die Delegierten vom deutlichen Ergebnis. Schließlich war der Abstimmung eine lange und kontroverse Diskussion voraus gegangen. „Die Umsetzung des Konzepts ist wie der Blick in die Glaskugel“, hatte der Vorsitzende des Finanzausschusses, Thomas Caspers-Lagoudis, gemahnt. Alle seien sich einig, dass das pädagogische Konzept gut sei. Letztlich könne aber niemand die Unwägbarkeiten der kommenden Jahrzehnte berücksichtigen. In Anbetracht der vielen Millionen sei das finanzielle Risiko schlichtweg zu groß. „Das kann an die Substanz gehen“, meint der Finanzexperte.
Befürworter des Projekts befürchten, dass die Evangelische Kirche nun in der Bedeutungslosigkeit versinkt. „Wo stünden wir heute, wenn unsere Vorväter immer auf ihren Finanzausschuss gehört hätten?“, fragte ein Gemeindevertreter. Assessor Helmut Keus, der Vize-Chef der Evangelischen Kirche in Essen und Antreiber des Projekts, erklärte am Sonntag, das Ergebnis stimme die gesamte Projektgruppe „sehr traurig“. Peter Renzel, der Schuldezernent der Stadt Essen, hält die Entscheidung für eine „verpasste Chance“.