Essen. Nach dem umstrittenen Umzug der Fakultät Mathematik sind die neuen Räume eröffnet. Das neue Domizil an der Altendorfer Straße bietet taghelle Seminarräume und große Übungsräume. Befürworter hoffen auf neues Leben im Weststadt-Quartier durch den Forschungsbetrieb - kritisiert wird, dass viele Studenten nun pendeln müssen.

Zehn Jahre nach der Fusion der ehemaligen Unis Mercator (Duisburg) und Essen sind jetzt weite Teile der Fakultät für Mathematik an einem zentralen Standort versammelt. Die neuen Räume an der Altendorfer Straße wurden in dieser Woche offiziell eingeweiht. Um den erforderlichen Umzug der Duisburger Mathematiker nach Essen hatte es vor einem Jahr Streit gegeben. Kritiker bemängelten, große Teile der Mathematiker seien in Duisburg besser aufgehoben, weil dort die Schwerpunkte verwandter Fächer beheimatet sind – Physik oder Ingenieurswissenschaften.

In Duisburg studierten im vergangenen Sommersemester rund 550 Männer und Frauen Mathematik. Eine „Campusgarantie“ wurde ausgesprochen, das heißt, das Studium in Duisburg könne von den Beteiligten wie geplant, in angemessener Zeit, beendet werden.

Kritik am neuen Mathematik-Carré

Das neue Domizil an der Altendorfer Straße erstreckt sich über drei Etagen eines Hauses von 2002, hier war einst „Vodafone“. Unten, im Erdgeschoss, residiert „Electro Conrad“. Studenten sitzen in taghellen Seminarräumen, es gibt große Übungsräume, alles ist zweckmäßig, aber ausgesprochen freundlich gestaltet: „Ein angemessener Standard“, findet Michael Goldhausen, der Dezernent für Gebäudemanagement der Hochschule. Und Ulrich Görtz, Dekan der Mathe-Fakultät, hat „Verständnis für die Kritik jener, die jetzt pendeln müssen“, findet aber: „Die Qualität des neuen Gebäudes entschädigt. Wir hoffen auf Synergie-Effekte.“

Nicht wenige hoffen auch, dass der neue Lehr- und Forschungsbetrieb gleich gegenüber von Ikea neues Leben in das verschlafene Weststadt-Quartier bringt. Nicht umsonst bezeichnet die Uni ihr neues Miet-Objekt als „Mathe-Carrée“. Der Eingang ist hinten, an der Thea-Leymann-Straße, dort, wo ein begrünter, rechteckiger Platz eigentlich viel Aufenthaltsqualität hat – und doch bislang so gut wie nie genutzt wird, trotz der Präsenz von Weststadthalle und Folkwang-Musikschule.

Studis reden Klartext

Cem (28), 8. Semester VWL:
Cem (28), 8. Semester VWL: "Am Anfang waren die Vorlesungen total überfüllt. Und manche Klausuren können nur einmal jährlich geschrieben werden, nicht einmal pro Semester. Da verliert man viel Zeit. Dafür ist die PC-Ausstattung in der Bibliothek gut." © WAZ FotoPool
Simon (30), 6. Semester WiWi:
Simon (30), 6. Semester WiWi: "Das Bachelor-Studium lässt keinen Platz für etwas anderes. Man muss kontinuierlich lernen, auch am Wochenende, auch abends. Aber ich habe es so gewollt, aus meinem früheren Beruf als Bankkauffrau wollte ich ‘raus." © WAZ FotoPool
Mneg (22), studiert Germanistik in Peking:
Mneg (22), studiert Germanistik in Peking: "Ich bin seit Herbst 2010 hier als Austausch-Studentin. Mir gefällt die Uni gut. Die meisten Kommilitonen sind nett. Also, fast alle. Am besten finde ich die Mensa, das Essen ist spitze." © WAZ FotoPool
Japeth (34), 6. Semester WiWi:
Japeth (34), 6. Semester WiWi: "Ich bin Vater einer Tochter. Ich habe sie hier an der Uni im Kindergarten. Das ist super. Wäre die Uni nicht so familienfreundlich, hätte ich nicht noch studieren können. In Kamerun habe ich früher in einer Bank gearbeitet." © WAZ FotoPool
Malte (25), studiert Primarstufe (Grundschul-Lehramt):
Malte (25), studiert Primarstufe (Grundschul-Lehramt): "Eigentlich nervt mich gar nichts an der Uni. Ich hätte ganz gern Lehramt nach dem Bachelor-/Master-System studiert, aber das fängt ja erst im Herbst an. Das Verschulte fände ich gut." © WAZ FotoPool
Jörn (23), Lehramt Sport und Mathe:
Jörn (23), Lehramt Sport und Mathe: "Ich bin froh, dass ich noch das Lehramt-Studium nach alter Art studieren kann. Ich habe mich auch extra darum bemüht, das war für die Wahl des Studienorts entscheidend." © WAZ FotoPool
Yeter (23), 6. Sem. Lehramt Germanistik:
Yeter (23), 6. Sem. Lehramt Germanistik: "Die Toiletten sind eine Zumutung. Die meisten sind sanierungsbedürftig, dreckig und kaputt. Die Türen kann man oft nicht schließen. Gut sind nur die neuen Klos im Audimax." © WAZ FotoPool
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300 Wissenschaftler im neuen Mathe Gebäude

Rund 300 Wissenschaftler arbeiten im neuen „Mathe-Carrée“, und innen gibt es einen begrünten Hof, der in dieser Qualität nur selten in öffentlichen Einrichtungen anzutreffen ist. Universitäts-Rektor Ulrich Radtke geht davon aus, dass mit dem beendeten Streit um den Umzug jetzt die letzten Geburtswehen der Fusion von vor zehn Jahren vorüber sind.

Zwar gibt es immer noch Parallelstrukturen: Zum Beispiel die zwei Fakultäten Betriebswirtschaftslehre (Duisburg) und Wirtschaftswissenschaften (Essen). Doch über eine Annäherung beider Fachbereiche wird „bis mindestens 2018 garantiert nicht nachgedacht“, erklärt der Rektor.