Essen. Ist es sinnvoll, Radfahrer auf Abwegen und Falschparker stärker zur Kasse zu bitten? Die NRZ fragte Essener auf der Rüttenscheider Straße nach ihrer Meinung zu den neuen Bußgeldern. Die Meinungen fallen wie erwartet unterschiedlich aus. Viele sehen die Erhöhung generell als sinnlos an.
Zwei Dinge haben sich in den Köpfen der gemeinen Verkehrsteilnehmer über die Jahre festgefahren. Erstens: Diese rücksichtslosen Radfahrer treiben einen noch in den Wahnsinn! (Sagen die Autofahrer). Zweitens: Fiese Falschparker, die Radwege und Einfahrten versperren, sind ja wohl die Allerschlimmsten! (Sagen die Radfahrer). Was also mindestens diese beiden Parteien in ihrem täglichen Groll ausbremsen sollte, sind die Neuerungen im Bußgeldkatalog, die mit dem 1. April in Kraft getreten sind. Ist es tatsächlich sinnvoll, Parkverstöße mit 10 statt 5 Euro zu bestrafen und für die „Nichtnutzung eines vorhandenen Radweges“ 20 statt bisher 15 Euro abzukassieren? Das wollte die NRZ bei ihrer Umfrage an der Rüttenscheider Straße wissen.
„Reine Abzocke“
Wer sein Fahrrad (und sein Bares) liebt, der schiebt – so wie Ralph Alda auf dem Gehweg an der Rüttenscheider. Erwartungsgemäß sieht er eher bei den Autofahrern Nachbesserungsbedarf : „Radfahrer haben’s auf Essens Straßen schwer genug“, da solle man sich in Sachen Geldstrafen doch bitteschön auf die rabiaten Kfz-Führer konzentrieren, das sei sinnvoller.
Andreas Neumann teilt Aldas Leidenschaft zum Zweirad, seine Meinung aber sicherlich nicht: „Mir ist das völlig egal“, so Neumann, „die Strafen zu erhöhen, das ist keine Erziehungsmaßnahme, das ist Quatsch!“ Die Stadt sollte lieber den Fahrradverkehr fördern, da seien Nachbarländer wie die Niederlande uns schon um einiges voraus. „Allein die Rüttenscheider ist eine Katastrophe, hier gibt’s nicht einmal einen Radweg“, fügt er noch hinzu.
Positiver Lerneffekt für Radfahrer
Autofahrerin Ada Peters sieht die Änderung ähnlich: „Sie erfüllt absolut keinen Zweck – außer mehr Geld in die Kassen zu spülen.“ Auf einen positiven Lerneffekt könne man höchstens bei Radfahrern hoffen, die fürs Fahren ohne Licht mit 20 Euro nun das Doppelte hinlegen müssen. Diesbezüglich könnte es sinnvoll sein.
Für Christian Fischer dürfte die Erhöhung ruhig noch krasser ausfallen: „Ich halte die Änderung für klug, aber es müsste den Verkehrssündern noch mehr weh tun, um daraus fürs nächste Mal zu lernen.“ Vor allem stellt der Student sich aber die Frage, wohin die zusätzlichen Gelder fließen. Auf einen Zuschuss für den Bildungshaushalt kann er wohl nur hoffen.
Gabi Winter dagegen glaubt die Antwort nur zu gut zu kennen: „Das ist reine Abzocke“, ist sie sicher, zumindest was die Falschparker betreffe. Oft genug habe sie Politessen spätabends in Kneipengebieten auf Knöllchentour „herumschleichen“ sehen. Bei Radfahrern könne ein bisschen Maßregelung nicht schaden, aber ob das Ziel so erreicht wird, sei fraglich.
"Radfahrer haben keine Knautschzone"
Nötig wäre es allemal, denn „Radfahrer haben keine Knautschzone“, sagt Birgit Nebe, die sowohl auf zwei als auch auf vier Rädern unterwegs ist und beide Seiten kennt. „Es ist schwierig, die schwarzen Schafe zu erwischen, oft werden die ,Falschen’ mit hohen Geldbußen bestraft“, so die Rüttenscheiderin.
Oder die „Richtigen“ verschont: So wie Michael Kinne, der „mal wieder“ kein Ticket gezogen hat, um „mal kurz“ in den Laden zu springen, weil ihm das Thema „ziemlich egal“ ist. Ähnlich wie Annette Sutmann, die die Konsequenz letztlich darin sieht, dass die Menschen nicht mehr in die Stadt, sondern in Einkaufs-Zentren ausweichen, um Parkplatzprobleme gänzlich zu vermeiden. Im Vergleich zu Spanien sei Falschparken hier ein vergleichsweise günstiges Hobby, sagt Daniela, die dort lebt und für ein abgelaufenes Ticket schon immer mindestens 14 Euro zahlte – fürs Nicht-Anhalten am Zebrastreifen übrigens 200 Euro.
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